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FRANKFURT: LA SONNAMBULA. Premiere

01.12.2014 | Allgemein, Oper

Frankfurt:  La Sonnambula   P 30.11.2014

Unbenannt
Brenda Rae (Amina) und der Opernchor. Foto: Barbara Aumüller

Am Main gab es jetzt die Frankfurter EA von Vincenzo Bellinis zweiter seiner vier großen Opern, nämlich La sonnambula/Die Schlafwandlerin. Dafür bedarf es einer Ausnahmesängerin, die einerseits stimmlich in der Lage sein sollte, diese Extrempartie an romantischer Empfindung, technischem Können und möglichst silbern klingendem Timbre in höchster Koloraturlage und dramatischer Steigerung zu vereinen, andererseits über die Physis einer ‚Schlafwandlerin‘, vielleicht ähnlich der einer Seiltänzerin, verfügen sollte. All diese Voraussetzungen konnte Brenda Rae, seit acht Jahren Frankfurter Ensemble-Mitglied, aufs Beste erfüllen und feierte damit einen tollen Erfolg, der natürlich wieder auf die Oper selbst zurückstrahlte. Ihre Rolle war eingebettet in einen samtigen Klang des Opern- Museumsorchester unter der jungen Dirigentin Eun Sun Kim, die zuletzt auch beim Macerata Opera Festival ‚Tosca‘ dirigierte, also fast schon als Rising star bezeichnet werden kann. Sie fand auch für die frühromantisch larmoyante Musiksprache des ’sanften Sizilianers‘ Bellini die angemessenen Tempi und Dynamik, garantierte eine spannende Aufführung zusammen mit den Orchester-Musikern.

 Frankfurts Opern-Intendant B.Loebe hat auch ein Faible fürs Schauspiel und hat sich diesmal für die Inszenierung eine Opernregie-Debütantin geholt. Tina Lanik merkte man dies bei ihrem Zugriff auf das Werk auch an. In einem relativ abstraktem Bühnenbild  (Herbert Murauer), das wenig mit einem Schweizer Dorf zu tun hat, werden Chor und Solisten oft eher oratorisch gestellt respektive choreographiert, was manchmal auch an griechische Tragödie erinnert. Beherrschendes Bühnenelement ist eine horizontal mittige nach unten abklappbare Plattform, die die Bewegungen des Kollektivs und der Einzelnen  immer gut „vermischen“ soll, die oben dann oft hinter einem Gaze-Vorhang präsent sind. Links und rechts begrenzen hohe Granitwände mit Luken, die entfernt an Alpenhäuser erinnern können. Gut gelöst scheint aber, wie Amina auf der oberen Plattform schlafwandelt und sich unbewußt den Menschen dabei annähert. Dabei ist sie nur in ein Hemd gekleidet, das sie auch erotisch in Szene setzt. Das Volk ist dagegen in dicke moderne Winterkleidung gehüllt, der Graf relativ unscheinbar schwarz, Elvino braun, vielleicht 40er Jahre Mode, die Lisa mit leicht älplerischem Touch (Kostüme Stefan Hageneier).

 Der Chor unter Tilman Michaels Leitung reussiert prächtig und kann auch bei der choreographierten ‚Vermischung‘ und auf starker Bühnenschräge überzeugen. Einen Notar gibt Simon Bode mit hellem leicht süffisantem Tenor. Den Alessio singt Vuyani Mlinde mit schnörkellos gutklingendem Baß. Fredrika Brillembourg wirkt als die Ziehmutter Teresa trotz derber Winterkleidung und geflochtenen Haaren fast noch sexier als ihr Waisenkind Amina und steuert eine schön hellstimmigen Mezzo bei. Mit weichem pointiertem Koloratursopran gestaltet Catriona Smith die Gegenspielerin Lisa als Einspringerin. Den Rodolfo gibt Kihwan Sim mit angenehm glanzvollem Baßbariton. Ein junger ‚Tenore di grazia‘ ist Stefan Pop (Elvino), der im 1.Akt schöne Stellen auch in den unvorhersehbar plötzlichen  Spitzentönen aufweist, im weiteren Verlauf aber etwas verblasst, was auch mit seiner regiebedingten Zurückstufung ins zweite Glied zu tun haben mag. Die Stimme der Brenda Rae gewinnt dagegen immer mehr Konsistenz, und ihre geschliffen gesungenen Glissandi bleiben einem wie in die Gehörgänge eingewunden.                                                                                                                               

Friedeon Rosén    

 

Bilduntersch.: Brenda Rae/Amina vor dem Opernchor, (c) Barbara Aumüller    

 

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