Frankfurt: „HR S.O. – KONZERT 04.09.2014
Zum Saisonauftakt 2014/15 in der AOF startete das HR Sinfonie Orchester am Pult Juraj Valcuha mit einem ungarisch-russischen Programm. Bedingt durch die Absage von Neeme Järvi sprang der junge slowakische Dirigent kurzfristig ein und so ergab sich auch eine kleine Programmänderung.
Zu Beginn erklang die „Tanzsuite“ von Béla Bartók welche er 1923 zur 50-jährigen Jubiläumsfeier der Vereinigung der Städte Pest und Ofen komponierte. Die sechssätzige Suite beinhaltet ungarische Weisen, schwermütige Pusztaklänge und schwirrend, wild stampfende Rhythmen landestypischen Ursprungs. Jeder Satz birgt eigene Gedanken in durchsichtig farbiger Instrumentation und zeugt von kompositorischer Genialität voll Temperament und Esprit. Unter der fachkundigen Hand des jungen Slowaken erklang die Musik in klaren Konturen und differenzierter Transparenz ganz besonders auch dank des drangvollen, präzisen, lustvollen Musizierens des famosen hessischen Klangkörpers.
Zoltán Kodály gedachte mit „Háry János“ zur Schaffung einer populären ungarischen Operntradition beizutragen. Doch gerät dieses Werk in unseren Breiten höchst selten zur Aufführung und somit erfreut lediglich zuweilen die „Suite“ die Konzertbesucher.
Individuell im Klang servierte Valcuha die malerischen Episoden des Anti-Helden, schwermütig formiert wirkte das Vorspiel, exzellent artikuliert geriet das Wiener Glockenspiel, im Lied dem Liebesduett zwischen Háry und Örzsen schwelgte das Orchester in farbenprächtiger Lyrik. Trefflich entfalteten sich die Cimbalomklänge im rhythmischen Intermezzo, zum frontal-grotesken Aufmarsch riefen die Holz- und Blechbläser vereint mit den Schlaginstrumenten Zur Schlacht Napoleons der kämpferischen Musik mischten sich schrille Töne der Posaunen und Pikkoloflöten bei sowie die Klagelaute des Saxophons im Trauermarsch. Rasant formierte der Dirigent das hinreißend musizierende Orchester zur finalen Tour de force in exotisch anmutenden Klängen dieser symphonischen Suite.
Den Höhepunkt des interessanten Konzertabends bildete jedoch die Begegnung mit dem kubanischen Pianisten Jorge Luis Prats und dessen feinnerviger Interpretation des „Klavierkonzert Nr. 3“ von Sergej Rachmaninow. Was für ein grandioser Pianist! Ein bescheidener liebenswerter Mensch setzte sich an den Flügel, musiziert in sich gekehrt ohne Theatralik und holt in natürlichster Selbstverständlichkeit und Brillanz die Sterne vom Himmel. Pianistisch sehr wirkungsvoll begegnete der lateinamerikanische Künstler diesem Werk in aparter Schwerpunktverlagerung, bestach in atemberaubender Virtuosität, souveräner Akkordtechnik. Prats besitzt das nötige handwerkliche Rüstzeug für diesen doch schwierigen Klavierpart, Rubinstein nannte es einst das Konzert für Elefanten. Nun achtete der ausgezeichnete Pianist nicht nur auf eine temporeiche Interpretation, sondern schenkte seinem kultivierten Spiel zudem liebevolle Details welche man bisher seltener vernahm. Großen Anteil am vorzüglichen Gelingen hatte natürlich auch Juraj Valcuha´s impulsreiche Begleitung mit dem herrlich weich und tonal aufspielenden HR Sinfonie Orchester, man wähnte sich von berauschenden Klangwolken umhüllt.
Nicht mit pianistischer Löwenpranke absolvierte Prats die Tempi, sondern musizierte in hoher Emotionalität mit Energie und rhythmischem Biss, transparent und wie bereits erwähnt auf höchst kultiviertem Niveau. Das Publikum feierte den bescheidenen Künstler euphorisch und wurde mit zündend temperamentvoll-rhythmischen Kompositionen aus Kuba „The Toys“ sowie „Mazurka Glissando“ belohnt. Ein grandioser Saison-Auftakt welcher die Hoffnung weckt beiden Künstlern bald wieder zu begegnen.
Gerhard Hoffmann