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FRANKFURT: DON CARLO

21.04.2013 | KRITIKEN, Oper

Frankfurt: „DON CARLO“ 20.04.2013

Es ist immer wieder verblüffend, in welch selbstverständlicher Vielfältigkeit die Oper Frankfurt mit ihrem sachverständigen Intendanten Bernd Loebe und seinem qualifiziertem Team die Wiederaufnahmen bestückt, teils in Doppel- und Dreifach-Besetzungen der Hauptpartien. So nun auch die ausgezeichnete Inszenierung (David McVicar) von Giuseppe Verdis fünfaktigem „Don Carlo“ in lebendiger Figurenzeichnung und einfallsreicher Situationscharakterisierung. Imposant ist die karge, variable Backsteinoptik der Bühne (Robert Jones), welche die streng-kühle Atmosphäre des spanischen Hofzeremoniells vermittelt, ebenso betont durch die traditionellen Kostüme (Brigitte Reiffenstuel). Als Titelheld entfaltete Alfred Kim sein inzwischen sehr gereiftes Höhenpotenzial, doch mangelt es dem Tenor leider an klangvoller Tongebung im Mittelbereich. Damit ist allerdings der Bariton Tassis Christoyannis überreich gesegnet, in belkantesker Linienführung, herrlichem Timbre und differenzierter Phrasierung verlieh er dem Posa individuelles Profil und avancierte mit dieser Leistung zum Publikumsfavoriten. Nur eingeschränkt konnte mich allerdings Serena Farnocchia überzeugen, ihr zwar höhensicherer, weniger voluminöser Sopran war mit einem störenden Dauervibrato behaftet, doch punktete die italienische Sängerin mit sehr schönen Piani und einer darstellerisch intensiven Elisabetta.

Tanja Ariane Baumgartner als Eboli ist ein Naturereignis! Elegant, glutvoll in aufregenden Mezzofarben, koloratursicher umhüllt sie das Schleierlied, trumpft bei „O don fatale“ dramatisch mächtig auf und harmonisiert zudem mit prächtigen Höhenausbrüchen. Wohlklingend fügten sich die Soprane Nina Tarandek (Tebaldo) sowie wahrhaft engelsgleich Elizabeth Reiter (Stimme von oben) ins Geschehen. In bester Manier glänzte der Bass Giorgio Giuseppini, verlieh dem Philipp mit wohlklingendem Material sonore Autorität sowie im resignierenden Monolog warme, satte Couleurs. Gefährlich, stimmgewaltig entfaltete sich dagegen Magnus Baldvinsson in der Rolle des unnachgiebigen Großinqusitors, untadelig und klangschön vernahm man Kihwan Sim als Mönch, Simon Bode (Graf Lerma) sowie harmonisch, ausgewogen die sechs flandrischen Deputierten Xiao-Feng Cai, Yang Li, Jan Polewski, Florian Rosskopp, Jirii Samoilov, Gaku Sumida. In Präzision, Plastizität und fein abgestuftem Vokalklang präsentierten sich Chor und Extrachor (Felix Lemke).

In Transparenz, perfekter Dynamik musizierte das Opern- und Museumsorchester unter der kundigen Führung von Carlo Montanaro, zupackend, leicht federnd, in bester Sängerbegleitung demonstrierte der Maestro die vielschichtigen Klangstrukturen Verdis meisterhafter Partitur und ließ interpretatorisch keine Wünsche offen. Der ereignisreiche Abend wurde vom Publikum sehr herzlich honoriert.

Gerhard Hoffmann

 

 

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