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FRANKFURT: DIE SACHE MAKROPULOS – Premiere

09.04.2012 | KRITIKEN, Oper

Frankfurt: DIE SACHE MAKROPULOS – Premiere am  8.4.2012


Johannes Martin Kränzle, Susan Bullock. Foto: Barbara Aumüller

Regisseur Richard Jones macht aus der ‚Sache Makropulos‘ von Leos Janacek ein dralles Bühnenspektakel, das auch mehr die komische Seite der Schauspielvorlage in den Vordergrund rückt. Freilich sind auch die tragischen Momente  betont und herausgearbeitet, besonders wenn Emilia Marty am Ende in eine fast letale Agonie verfällt und dann von den Ärzten auf ihrem Toilettentisch „aufgebart“ wird. Aber sonst überwiegen die komischen Elemente. In diese Richtung geht auch, daß Emilia sich nicht entscheiden kann, ob sie die „Sache“, ein Pergament mit der Formel  zur Lebensverlängerung für weitere 300 Jahre, ins Feuer werfen soll oder nicht.- In einem stummen Prolog wurde ihr hier in einem Hühnerstall als junges Mädchen das von ihrem Vater gebraute Elexier eingeflößt. Bei der folgenden dichten Regie, wo eigentlich Daueraction herrscht, gerät Janaceks Musik etwas ins Hintertreffen.

Sie ist, vielleicht als Alterswerk eigentlich  nicht mehr so aufregendwie bei Jenufa oder Katja Kabanova. Dafür begleitet sie aber zuweilen, z.B. bei der Prozeßhandlung kammermusikalisch sehr schön und z.T.auch motivisch einzigartig. Das wird im Orchestergraben einfühlsam bis routiniert wiedergegeben,  unter der soliden Stabführung des präsent leitenden Friedemann Layer.

Das Bühnenbild (auch Kostüme) von Antony McDonald ist erst Gerichtssaal, dann Garderobe für die Sängerin Marty und bewährt sich, beiden Zwecken höchst angepasst als zwar etwas enger,  aber genial bespielbarer Raum. Auf der linken Seite alterniert die Richterahnen-Porträtgalerie mit kleinen Gemälden der Locations des 300jährigen Lebens der Protagonistin. Ein breites Fenster ergibt die Durchsicht auf den Gang, wo auch andauernd etwas passiert, so wenn die Verehrer Emilias nach der Vorstellung Schlange stehen. Der Gerichtssschrank, hinter dem man sich auch prima verstecken kann, birgt später den Riesenkoffer der Marty, aus dem sie als wieder als junges Girl mitsamt den staubigen angesammelten Akten entfleucht.Die Kostüme sind bis auf die Prologszene heutig extravagant.

Anna Fidelia Ulrich gibt eine Aufräumfrau/Ankleiderin, die köstlich spielt, aber wenig zu singen hat. Einen Maschinisten, der sich bei kleineren Reperaturen bewährt,stellt Vuyani Mlinde. Den spanischstämmigen Hauk-Sendorf gibt Graham Clark als früheren Geliebten der Emilia und notorisch flüchtenden Irrenhausinsassen mit seinem gut erhaltenen, fast grellen Tenor. Dr Kolenaty ist Dietrich Volle, der auch stimmlich eine Bariton-Wohltat darstellt. Einen eher coolen Tenor gibt Ales Briscein als Janek, der sich aus nicht erwiderter Liebe zu Emilia aufhängt.

Sein Vater Jaroslav Prus ist Johannes M. Kränzle, der mit bewährt aussdrucksvollem Bariton eine wilde Verführungszene gestaltet. Jan Markvart ist als Vitek ein stimmlich schöner und versatiler Tenor. Seine Tochter Kristina ist mit Christiane Karg eigentlich überbesetzt, himmelt die große Sängerin an und geht in unvorteilhafter Kleidung aber dann unter. Paul Groves als Albert ‚Berti‘ Gregor ist der andere sterblich in Marty verliebte Tenor, den er mit viel Schmelz und Süffisanz ins Gefecht führt. Sein Anzug erinnert aber doch mehr an die 20er, 30er Jahre. Susan Bullock bewährt sich als Emilia wieder als große Singdarstellerin, und es gelingt ihr, die Abgefeimtheit und den teilweisen Lebensekel  und das Immunsein gegen “Liebeseserwachen“ fast sensationell auszuspielen. Das ihr im Grunde aber alles egal ist und wie sich das mit den Leistungen einer Spitzenprimadonna vereinbaren läßt, dazu müsste man aber doch Janacek selbst befragen.   

Friedeon Rosén

 

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