Frankfurt/ Alte Oper: „SIMONE KERMES“ 01.12.2016
Simone Kermes. Copyright: AOF
Ein weiteres Highlight seiner Konzertreihe bot Pro Arte mit einem Recital der Barock-Spezialistin Simone Kermes in der Alten Oper. Nach Ausflügen ins Reich des italienischen Belcanto des 19. Jahrhunderts widmete sich die Echo-Preisträgerin und CD-Charts-Stürmerin wieder der barocken Sangeskunst. Bei jeder Begegnung seit Jahren ist es faszinierend zu erleben mit welcher Hingabe und Liebe die grandiose Sängerin dieses Musikgenre pflegt und immer wieder neu nuanciert. Inzwischen klingt Simone Kermes Sopran voluminöser behielt aber erfreulicherweise noch den wunderbaren feinen Silberklang sowie die perlende Koloraturgeläufigkeit.
Mit Arien des Komponisten Nicola Porpora eröffnete die vielseitige Sopranistin ihr glamouröses Arien-Recital: Vedrá turbato il mare aus „Mitridate“ setzte sogleich unmissverständlich Maßstäbe ihrer stupiden Gesangskunst. Auf wunderbare Weise vereint die Künstlerin wohldosiert ausgefeilte Finessen, halsbrecherische Höhenflüge mit Wärme und Gefühl zu den herrlichen Arien Alto giove aus „Polifemo“ sowie in somnambuler Stimmtechnik völlig uneitel im Dienst des barocken Meisters folgten Morte amara aus „Lucio Papirio“ sowie Empi se mai disciolgo aus „Germanico di Germania“.
Schmückende Oktavgirlanden korrespondieren mit wundervollen Variationen exzellenter Tongebungen zur selten gehörten Pretiose Chi non sente al mio dolore der Oper „Merope“ (Riccardo Broschi) einem Kontrapunkt stupender Koloraturtechnik.
Vortrefflich begleitete das Ensemble La Magnifica Cominita unter der fachkundigen Leitung von Enrico Casazza, von der Solistin zuvor im charmanten Plauderton als ihre Familie vorgestellt. In außergewöhnlicher Szenerie pendelt das hervorragend musizierende Instrumentarium zwischen dynamischen Partiturextremitäten, immer wieder gelangen auf das Neue Klangkombinationen und in Fülle reizvolle dramaturgische Abläufe. Temperamentvoll erklangen spezifisch im Stil dieser Musikgenres auch die orchestral solistischen Beiträge: Concerteri und Ouvertüren von Vivaldi, Gallo und Pergolesi. In besonderer Formation präsentierte sich hierbei Enrico Casazza als Barock-Paganini und forderte in brillanter Interpretation die Beifallstürme des Publikums heraus.
Gleich einem Fegefeuer mit spürbarem Spaß am Extremen präsentierte Simone Kermes einen weiteren musikalischen Solitär, die dreizehnminütige Arie Lieto cosi tal volta aus „Adriano in Siria“ von Giovanni Bastista Pergolesi, herrlich auf breitem Atem gesungen, wunderbar korrespondierend mit der Solovioline, versehen mit schmückenden traumhaften Vokal-Girlanden. Stimmakrobatische Oktavsprünge verlieh die Ausnahmekünstlerin der Arie tu me da me dividi der „L´ Olimpiade“ ebenso von Pergolesi. Brillant mit schwindelerregenden Koloraturen versehen setzt Simone Kermes den offiziellen Schlußpunkt mit der Arie Come nave in mezzo aus „Variate“ (Johann Aldolph Hasse) und brachte die Stimmung im Saal nochmals zum Überschäumen.
Bestechend in natürlicher Aura versieht die einzigartige Künstlerin ihr Entertainment, unterstreicht ihre persönliche Note durch exemplarisch-extravagante Roben und bewegt sich mit Noblesse in Schuhe-Créationen – wahren Alpträumen eines jeden Orthopäden.
Unverbindlich in liebenswürdigem Plauderton servierte die gefeierte Künstlerin sodann eine Reihe von Zugaben, vermischte gekonnt Klassik mit Chansons: Son qual nave ch´agitata (Broschi) gleich einem fulminanten Brillantfeuerwerk. „Atemlos“ sowie in delikater Variation „Sag mir wo die Blumen sind“. Gefolgt von Kleinodien barocken Zuschnitts: Si dolce é ´l tormento (Monteverdi) sowie als endgültigen Abschluss die hinreißend interpretierte Piano-Arie Lascia ch´io pianga aus „Rinaldo“ (Händel). Zu vorgerückter Stunde um 23 Uhr schritt die Unermüdliche zur nächsten Pflichtübung der Autogrammstunde.
Gerhard Hoffmann