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FRANKFURT/ Alte Oper: L’AMICO FRITZ von Pietro Mascagni – konzertant

14.03.2012 | KRITIKEN, Oper

Wiederentdeckung in Frankfurt: „L’amico Fritz“ von Pietro Mascagni (Vorstellung: 13. 3. 2012)

 In der Alten Oper Frankfurt wurde am 13. 3. 2012 ein fast in Vergessenheit geratenes musikalisches Juwel in einer konzertanten Vorstellung wieder zum Leben erweckt: „L’amico Fritz“ von Pietro Mascagni. Die dreiaktige Oper, deren Uraufführung 1891 in Rom stattfand, hatte bereits am 16. 1. 1892 in Hamburg ihre von Gustav Mahler dirigierte Deutschland-Premiere und wurde noch im selben Jahr auch in Frankfurt am Main aufgeführt, verschwand aber später fast ganz von den Spielplänen. Nur in Italien wird sie hin und wieder szenisch auf die Bühne gebracht – beispielsweise wird sie in Triest im Mai dieses Jahres gespielt.

 Die Handlung der Oper, deren Libretto von Nicolò Daspuro nach der Novelle L’ami Fritz von Emile Erckmann und Pierre-Alexandre Chatrian stammt und die Ende des 19. Jahrhunderts im Elsass spielt, in Kurzfassung: Während des Geburtstagsfests des eingefleischten Junggesellen und reichen Gutsbesitzers Fritz Kobus prophezeit ihm sein bester Freund, der Rabbiner David, dass auch er eines Tages des Junggesellendaseins überdrüssig sein werde. Fritz verneint und bietet ihm eine Wette an: Sollte er tatsächlich einmal heiraten, werde er David seinen Weinberg abtreten. Als David bemerkt, dass sich Suzel, die Tochter eines Pächters von Fritz, in diesen verliebt hat, beschließt er, Fritz eifersüchtig zu machen und erzählt ihm von der bevorstehenden Hochzeit Suzels. Sie habe bereits den richtigen Mann gefunden. Fritz fühlt sich von Hochzeiten und glücklichen Paaren regelrecht verfolgt und wird tatsächlich eifersüchtig. Schließlich bekennt er Suzel seine Liebe und bittet sie um ihre Hand. David gewinnt die Wette und den Weinberg, tritt diesen aber als Hochzeitsgeschenk an Suzel ab.

  Für die konzertante Aufführung, die in italienischer Sprache mit (gut lesbaren!) deutschen Übertiteln gebracht wurde, bot die Oper Frankfurt ein Starensemble auf, das für einen superben Ohrenschmaus sorgte. Als Fritz Kobus brillierte der maltesische Tenor Joseph Calleja mit seiner kraftvollen, hell klingenden lyrischen Stimme, mit der er alle seine Gefühle exzellent auszudrücken verstand. Zweifelsohne zählt er zurzeit zu den weltbesten Tenören! Wunderbar das Kirschen-Duett im 2. Akt und die Liebesszene im Finale mit Grazia Doronzio. Die zarte italienische Sopranistin blühte im Verlauf der Vorstellung immer mehr auf und bot sowohl stimmlich wie auch mimisch als Suzel eine eindrucksvolle Leistung. Dem Rabbiner David lieh der serbische Bariton Željko Lučić seine prächtige, warm tönende Stimme, durch die er in den letzten Jahren zu einem Weltstar wurde. (Erst kürzlich wurde er als Rigoletto an der Opéra Bastille vom Pariser Publikum frenetisch gefeiert.)

 Gut besetzt waren auch die kleineren Partien. So wurde die Hosenrolle des Zigeuners Beppe von Tanja Ariane Baumgartner gesungen, deren wandlungsfähiger, dunkel timbrierter Mezzosopran stets zu begeistern weiß. Ausdrucksstark ihr romantisches Liebeslied im dritten Akt! Federico und Hanezò, die beiden Freunde von Fritz, wurden vom argentinischen Tenor Francisco Brito und vom südafrikanischen Bassbariton Vuyani Mlinde gegeben, die Wirtschafterin Caterina von der deutschen Altistin Katharina Magiera. Für atmosphärische Stimmung  sorgte der von Matthias Köhler einstudierte Chor der Oper Frankfurt.

 Für den musikalischen Genuss war auch das Frankfurter Opern- und Museumsorchester unter der Leitung von Carlo Montanaro mit verantwortlich, das die expressiven Passagen zwar manchmal nicht eben „sängerfreundlich“, dafür aber die lyrischen Teile der brillanten Partitur des Komponisten – mit dem Höhepunkt des populären Kirschen-Duetts – auf einfühlsame Weise wiedergab. Ein interessantes Zitat aus der Premierenkritik der römischen Zeitschrift Fanfulla, das im Programmheft der Oper Frankfurt abgedruckt ist und die Entscheidung für nur konzertante Aufführungen – in Koproduktion der Oper Frankfurt mit der Alten Oper Frankfurt – verständlich macht: „Als musikalisches Werk betrachtet steht L’amico Fritz eine Stufe über Cavalleria. Die Harmonien sind eleganter, die Stimmen besser geführt und die Instrumentation durchdachter und reicher. Aber als theatrales Werk steht es eine Stufe unter Cavalleria, da es die große Linie vermissen lässt.“

 Das Publikum war von der Aufführung begeistert, applaudierte dem großartigen Sängerensemble nach jeder Arie und bejubelte am Schluss fast eine Viertelstunde lang Joseph Calleja und Željko Lučić mit vielen Bravo- sowie Grazia Doronzio und Tanja Ariane Baumgartner mit Brava-Rufen, wobei ein Teil der Zuschauerinnen und Zuschauer ihre Anerkennung mit Standing Ovations unterstrich. Viel Beifall und Bravi-Rufe auch für das Orchester und seinen Dirigenten, Sonderapplaus gab es für den Konzertmeister Ingo de Haas für sein gefühlvoll gespieltes Geigensolo.

 Udo Pacolt, Wien – München

 

 

 

 

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