Frankfurt: „ADRIANA LECOUVREUR“ am 07.09.2012
Als wahrer Augenschmaus erwies sich wieder die prunkvoll, dezente Ausstattung (Christian Lacroix), in vortrefflicher Pointierung der Aera der Comédie Francaise in Verschmelzung mit dem neuzeitlichen Salon des Fürstenpaares von Bouillon, der veristischen Oper „Adriana Lecouvreur“ von Francesco Cilea in der bedeutungsvollen WA der Oper Frankfurt. In dieser erlesenen Optik agieren unter der meisterlichen Führung von Vincent Boussard die diffusen Charaktere der Story ohne Überzeichnung in beindruckender Spiellaune. Musikalisch profitierte diese liebevoll einstudierte WA besonders durch diverse Neubesetzungen.
Die hier gern gehörte Gast-Sopranistin Annalisa Raspagliosi zeichnete die Titelheldin mit wahren Starqualitäten, in höchster darstellerischer Intensität portraitierte die italienische Sängerin die große französische Tragödin. Dank ihres edlen Timbres kostete Raspagliosi die Gefühlsregungen der Diva auch vokal voll aus, gleich ob im verhaltenen, aufblühenden Ton, in beseelten Piani oder den kraftvollen, dramatischen Ausbrüchen blieb die Stimme stets präsent und setzte bereits mit ihrer Auftrittsarie „Io son l´umile ancella“ hohe Qualitätsmerkmale. Somit geriet das Duett mit Tanja Ariane Baumgartner (Fürstin) zum absoluten, stimmlichen Höhepunkt des Abends. Mit Verve stürzte sich die versierte Mezzosopranistin mit bester Technik und hoher kultivierter Musikalität gesegnet, facettenreich in dunklen Farben und expansiven Höhenausbrüchen in die Partie der eifersüchtigen Rivalin. Zudem besitzt die schlanke, attraktive Sängerin eine bühnenbeherrschende Persönlichkeit zur idealen Verkörperung dieser zwiespältigen Figur. Sich neben so viel Frauenpower zu behaupten hatte der am Hause debütierende Calin Bratescu einen schweren Stand. Mit kraftvollem Material bewältigte er den Maurizio zunächst mühelos, klang die Stimme jedoch zuweilen unflexibel, schwächelte in der Höhensicherheit und sein Tenor ließ den belcantesken Charme völlig vermissen. Angenehm, im baritonalen Schönklang erfüllte mit Herzenswärme Davide Damiani den unglücklich liebenden Theaterdirektor Michonnet, in tenoraler Charakterisierung des Abbé gefiel Peter Marsh, bassgewaltigen Nachdruck verlieh Magnus Baldvinsson dem Fürsten. Ausgezeichnet erfüllten ebenso Anna Ryberg (Jouvenot), Maren Favela (Dangeville), Kihwan Sim (Quinault), Francisco Britto (Poisson), Simon Bode (Haushofmeister) die kleinen Parts, bestens fokussiert erklang der präsente Opernchor (Matthias Köhler).
Von kleinen temporären Wacklern abgesehen leitete Mark Shanahan mit Umsicht das homogen musizierende Opern- und Museumsorchester und beeindruckte mit sensiblem, emotionsgeladenem Feinklang. Diese hörens- und sehenswerte Produktion, der in unseren Breiten szenisch selten aufgeführten Oper, sollte sich kein Opernfreund entgehen lassen.
Gerhard Hoffmann