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FRANKFURT: ADRIANA LECOUVREUR – Premiere

05.03.2012 | KRITIKEN, Oper

Frankfurt:  Adriana Lecouvreur – Premiere  4.3.2012


Micaela Carosi in der Titelrolle. Foto: Wolfgang Runkel

Die in unseren Breiten selten gespielte, dem italienischen Verismo zugerechnete Oper ‚Adriana Lecouvreur‘ von Francesco Cilea, die im letzten Viertel des 19.Jahrhunderts entstand, wurde jetzt als Frankfurter Erstaufführung gegeben. Dabei wurde nicht an Prunk der Ausstattung für diese im Pariser Barock der Molierezeit spielende Sujet gespart. Für das tödlich endende Eifersuchtsdrama der um Ihre Liebe Maurizio kämpfenden bedeutenden historischen Schauspielerin Lecouvreur kommen sogar zwei verschiedene großangelegte Bühnenbilder von Kaspar Glarner zum Einsatz. Das eine zeigt roh belassene Aufbauten hinter der Bühne der Comedie Francaise und wird in der Bühnenhälfte durch zwei große Spiegel, die sich in der Mitte treffen, abgegrenzt, sodass sie immer verdoppelt und in verschiedenen Perspektiven erscheinen. Bei dem Fest in der Villa der anderen Schauspielerin Duclos und beim Fürsten v.Bouillon werden dagegen herrschaftliche Interieurs mit riesigen farbigen Gesichtsporträts der Liebes-Rivalinnen Lecouvreur und Fürstin v.Bouillon in Andy-Warhole-Verfremdung gezeigt. Die anderen Mitspieler treten teils in großen Barockroben auf (Kost. Christian Lacroix).  Nur in dieser Begegnung tragen die Protagonistinnen moderne Kostüme.

Die Musik ist besonders in den 1.beiden Akten sehr spannnend geführt. Zeitweise könnte sie von so einem eleganten Komponisten wie Gounod stammen, aber die dramatischen Zuspitzung, wenn Adriana die Bouillon unerkannt entfliehen lässt oder wenn sie am Ende das Gift einatmet, sind von großer „veristischer“ Wucht. Das wird vom F-Orchester alles gekonnt wiedergegeben, wenn auch im 1.Akt noch etwas Sand im Getriebe scheint. Die musikalische Leitung liegt bei Carlo Montanaro, der zu dieser Musik besondere Affintät hat und mit präzisem Zugriff ein Maximum an wohl gestalteten Formen und Proportionen erreicht.

Bei der Regie setzt Vincent Boussard auf große Bewegung und ebensolche Geste, wenn dabei auch nicht immer die Feinheiten der Handlung herüberkommen. So ist doch die dramatische Entwicklung un die intrikate Personenkonstellation auch wuchtig herausgearbeitet. Während des Festes tritt  ein Kinderballett auf, das zu einer eher nicht sichtbaren Pantomime “Das Urteil des Paris‘ tanzt.

In Kurzrollen zweier weiterer Schauspielerinnen treten Anna Ryberg und Maren Favela auf. Den Poisson gibt Julian Pregardien mit bereits schön gereiften Tenor. Florian Plock setzt sich  mit markantem Baß als Quinault in Szene.Neu für diese Produktion ist in Frankfurt Davide Damiani mit lyrisch elegischen Bariton für den Inspizienten Michonnet, sowie Federico Sacchi mit starkem barockgeschultem Baß als Bouillon. Bewährt wie immer charakterisiert Peter Marsh als ‚korrupter‘ Abbe´.

Tanja Ariane Baumgartner  wird am meisten gefeiert als dunkel geheimnisvoll schlanke Fürstin mit tragendem bis dramatisch auftrumpfendem Mezzo. Frank van Aken singt den Maurizio und macht das mit opulent breit ausgesungenem, edel timbriertem Tenor und gibt sich auf einen sich für ihn sicher lohnenden Ausflug ins Verismofach. Micaela Carosi erscheint in der Titelfigur als edle italienische Primadonna. Ihr Sopran mit dunklerm Aplomb und großem Umfang beherrscht die große Partie fabelhaft. Zu Beginn hat sie hörbare Intonationsprobleme. Danach ist sie überzeugenden Darstellerin und Garant fürs Gelingen dieser raren Oper.

Friedeon Rosén

 

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