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FLORENZ/ Grotta del Buontalenti : LA DAFNE von Marco da Gagliano am 25.6.2018
Manchmal findet man etwas anderes, als man sucht. Columbus wollte Indien entdecken, landete aber in Amerika. Und die italienischen Renaissance-Dichter und Musiker wollten die antike Tragödie wiederbeleben, erfanden aber – die Oper.
Das allererste überlieferte Werk der neuen Gattung ist „Euridice“ von Jacopo Peri. Deren Textdichter, Ottavio Rinuccini, verfasste auch das Libretto zu „La Dafne“ von Marco da Gagliano.
Und dieses frühe Opernexemplar wurde jetzt vom Maggio Musicale Fiorentino (der ja sonst eher Mainstream-Repertoire pflegt) in verdienstvoller Weise endlich wieder einmal aufgeführt. Und zwar am Platz vor der Grotta del Buontalenti (so hiess der Architekt) im Giardino di Boboli.Schon allein dieser Spielort hätte die Anreise nach Florenz und den Abend gelohnt. Denn diese Grotte ist eine der bizarrsten und phantastischen Hervorbringungen des menschlichen Erfindungsgeistes, ein manieristisches Gesamtkunstwerk der Sonderklasse. Alles ist hier in höchstem Maße artifiziell: von den falschen Stalagmiten und Stalaktiten angefangen bis zu den Muscheln, den Wasserfontänen, den Fresken, den Gemälden (früher hingen sogar vier Michelangelos)und den Skulpturen(die nackte Venus !), alles steht hier im Zeichen des Eros, wenn naturgemäss im mythologischen Mäntelchen.
Insgesamt also die absolut perfekte Kulisse für diese Dafne.
Copyright: Maggio musicale Fiorentina
Den historischen Usancen und der schillernden Figur Marco da Gaglianos (er war nicht nur Musiker, Sänger und Komponist, sondern in erster Linie auch Zeremonienmeister sprich: Eventmanager am Hof der Medici) Rechnung tragend, hat Mastermind Federico Maria Sardelli der Originalpartitur, so wie es damals üblich war, sechs Festtänze von Lorenzo Allegri hinzugefügt. Sardelli ist es auch, der sein Orchester Modo Antiquo zu Höchstleistungen antreibt.Hier federt, vibriert, tänzelt und „fetzt“ es, dass es nur so eine Freude ist. Dem Sängerensemble wiederum hat er den „recitar cantando“ – modus exemplarisch eingetrichtert. Dem Diktum da Gaglianos, dass die Wortdeutlichkeit im Vordergrund stehen muss, wird hier voll nachgekommen, besonders von Leonardo Cortelliuzzi (Apollo), Francesca Boncompagni (Dafne), Cristina Fanelli (Venere), Silvia Frigato (Amore) und Alessio Tosi (Tirse).
Die Regie von Gianmaria Aliverta wurde etwas angefeindet, zu Unrecht meiner Ansicht nach. Denn obwohl sie moderne Einsprengsel aufwies (na gut, die obligaten Krankenhausbetten hätte er sich sparen können), blieb sie doch in jedem Augenblick respektvoll dem Geist und dem Rhythmus der Musik verbunden. Eigentlich vorbildlich in dieser Hinsicht. Das Auge erfreuend: die wunderschönen Kostüme von Sara Marcucci und die tolle grottenadäquate Beleuchtung von Alessandro Tutini. Ganz hervorragend auch die sechs Tänzer/innen, choreographiert von Silvia Giordano.
Ein absolut einzigartiger und unvergesslicher Abend.
Robert Quitta, Florenz