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FLENSBURG: „BELSHAZZAR’S FEAST“ und „EIN HELDENLEBEN“

Sinfoniekonzert des Schleswig-Holsteinischen Sinfonieorchesters in Zusammenarbeit mit dem Sønderjyllands Symfoniorkester im Deutschen Haus

„Groß, größer, am größten!“ lautete der Titel des siebten Flensburger Sinfoniekonzerts, welches am Vorabend bereits im Konzertsaal Alsion im dänischen Sonderburg erstmals zur Aufführung kam. Hierfür wurden nicht nur Mitglieder zweier Orchester zu einem Klangkörper geformt, sondern auch der Opern- und Extrachor des Schleswig-Holsteinischen Landestheaters mit Mitgliedern des Extrachores der Hamburgischen Staatsoper verstärkt. In Flensburg war es das erste Konzert seit Beginn der Pandemie, welches endlich wieder in einer wirklich großen Besetzung stattfinden konnte.

Mit William Waltons „Belshazzar’s Feast“, einer etwa 35-minütigen Kantate für Bariton, Doppelchor und Orchester auf ein Libretto von Osbert Sitwell nach Texten aus dem Alten und Neuen Testament wurde im ersten Teil des Konzertabends ein wahrlich riesiger Klangapparat aufgefahren. Die BBC beauftragte den britischen Komponisten im Jahr 1929 mit der Komposition eines kleinen Chorwerks mit höchstens fünfzehn Instrumenten. Offenbar hatte der Komponist das Ziel verfehlt und mit dem stattdessen entstandenen Monumentalwerk fast schon ein Denkmal erschaffen, welches bei der Uraufführung 1931 zu einem phänomenalen Erfolg wurde. Allerdings überstieg die Besetzung die Ressourcen der BBC, so dass die Aufführung im Rahmen des Leeds Festivals stattgefunden hatte.

Robert Bork gestaltet das Solo mit schöner, reifer Baritonstimme. Zuletzt habe ich diesen Künstler 1997 in Heidelberg gehört. Damals als Ben Ata in einer Uraufführung von Philipp Glass noch jung und fast ein wenig ungestüm, verkörpert er nun würdevoll biblische Weisheit und weiß sich stets klug und ohne angestrengt zu wirken, gegen die Klangmassen der Chöre und des Orchesters zu behaupten.

Als prominenter Dirigent konnte kurzfristig Roland Böer für die musikalische Leitung des Abends gewonnen werden. Der Anfang Mai während der Endproben zur „Verkauften Braut“ einvernehmlich und umgehend aus dem Amt des Generalmusikdirektors ausgeschiedene Kimbo Ishii stand ja nicht mehr zur Verfügung. Wie ein Raubtierbändiger hat Böer die Musiker und Sänger stets unter Kontrolle und erzeugt Spannung nicht nur durch Lautstärke (die aber bei diesem Werk im doch recht überschaubaren, knapp 1.500 Personen fassenden Deutschen Haus in Flensburg nicht ausbleibt), sondern vornehmlich dadurch, dass er die Konzentration aller Mitwirkenden beflügelt. 

Der Chor steht unter der Leitung von Bernd Stepputtis, der einst die Kooperation mit der Hamburgischen Staatsoper ins Leben rief und mit diesem Konzert und unter herzlichem Applaus seinen Ausstand als Chordirektor am Landestheater feiert. 

Der zweite Teil des Konzerts gehört ganz den Orchestermusikern, die es verstehen, die farbenprächtige Partitur von Richard Strauss’ “Ein Heldenleben“ zum Blühen zu bringen. Über 50 Minuten präsentiert sich der Komponist in dieser Tondichtung selbst und greift auch frühere eigene Meisterwerke musikalisch darin auf. Die Komposition gilt nicht zuletzt als Porträt des Komponisten, der seiner engstirnigen Welt entgegentrat. Nach der Frankfurter Uraufführung im Jahr 1899 gab es sogar Stimmen, die empfahlen dieses Werk an den Schluss eines Konzertabends zu setzen, um den Zuhörern die Gelegenheit zu geben, den Saal rechtzeitig vor Erklingen zu verlassen. 

Jeanine Thorpe verzaubert in ihren Violinsoli durch innigen Klang und Virtuosität und wird schlussendlich vom Publikum ebenso wie der Dirigent und das Orchester frenetisch gefeiert. Das Schleswig-Holsteinische Sinfonieorchester braucht sich nicht hinter namhafteren Klangkörpern zu verstecken und präsentiert gemeinsam mit den dänischen Gästen vom Sønderjyllands Symfoniorkester einen berauschenden Abend.

 

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