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FELIX DVORAK: Aus dem Leben eines Komödianten

15.12.2019 | buch, CD/DVD/BUCH/Apps

FELIX DVORAK
Himmelhoch jauchzend und niemals betrübt
Aus dem Leben eines Komödianten
192 Seiten, Verlag Ueberreuter, 2019

Felix Dvorak, Jahrgang 1936, hat sich vom aktiven Theaterleben als Schauspieler und Intendant zurück gezogen. Aber ganz aufhören können die alten Theaterhasen nie, zumindest Bücher müssen sie schreiben (man sieht es ja auch bei Kollegen Otto Schenk). Ungeachtet dessen, dass es auch schon einige „Dvoraks“ auf dem Buchmarkt gibt – hier ist er wieder, diesmal unter dem Motto „Himmelhoch jauchzend und niemals betrübt“. Berichtet wird, inhaltlich etwas mäandernd, „aus dem Leben eines Komödianten“.

Dabei ist er gar nicht nur so nett, wie er aussieht, erzählt auch, wenn „Freunde“ sich schlecht benommen haben, bietet auch etwas Klatsch und Tratsch über die lieben prominenten Mitmenschen, aber auch Melancholie, wenn er das Buch mit Friedhofsbesuchen beginnt und an Freunde denkt, die vor nicht allzu langer Zeit gestorben sind, Gerhard Tötschinger etwa oder Werner Schneyder. Sie hätten ihm geraten, Erlebnisse, von denen er „sonst nur in Weinlaune schwadroniert“ hätte, niederzuschreiben. Da sind sie.

Dabei hängt sich Felix Dvorak mit seinen Meinungen ziemlich aus dem Fenster (er ist nicht mehr im „Geschäft“, es kann ihm also nichts mehr geschehen): Dass Theater nicht dazu da sei, „narzisstische Gelüste von Intendanten, Regisseuren“ etc. zu verwirklichen, sondern dass es nur für das Publikum da zu sein habe, ist heute schon eine mutige Aussage, wo doch entschieden das Gegenteil gilt (und alle Direktoren, die die Wiener Häuser besetzt halten, handeln danach). Dass Elfriede Jelinek ihre Feydeau- Bearbeitungen nicht gelungen seien, wagt er auch zu behaupten, und dass die Stücke von Thomas Bernhard fad seien… Es wird ja Leute geben, die ihm unter der Hand zustimmen, aber drucken lassen würden sie es nicht.

Einsichten, wie Dinge in Wien „gemacht“ werden, bekommt man auch: So war der stolze Arbeitersohn Dvorak stets peinlich bedacht, mächtige Bekannte (Helmut Zilk beispielsweise) nie mit privaten Bitten zu belästigen. Deshalb, meint Dvorak, habe sich sein großer Wunsch, an die Wiener Volksoper engagiert zu werden, nicht erfüllt. Als er das seiner Freundin, der Wiener Kulturstadträtin Gertrude Fröhlich-Sandner, erzählte, meinte diese: „Das war ein Fehler, dass Du nicht zu mir gekommen bist. Den Heinz Conrads habe ich auch vor seinem sechzigsten Geburtstag in die Volksoper gebracht. Das hätte ich auch gerne mir Dir gemacht.“ Merk’s, Wiener Schauspieler, nützt Eure Politiker-Bekanntschaften!

Nützt auch andere Seilschaften und Verwandtschaften. Dass der Dvorak-Schwiegersohn Georg Markus, souveräner Schreiber, bei Gelegenheiten das Wort ergreift, den Schwiegerpapa zu preisen, versteht sich. Aber dass man Heinz Sichrovsky dazu bringen kann, in einer Laudatio zu loben, Dvorak habe „in den Kammerspielen und exemplarisch auch in Berndorf eine große Tradition einer österreichischen Komödie am Leben erhalten“, das ist schon ein Kunststück bei einem Kritiker, der sich als Karl Kraus-Nachfolger versteht…

Nicht, dass er nicht recht hätte. Felix Dvorak war mehr als zwei Jahrzehnte erfolgreicher Sommerspiele-Intendant, erst in Berndorf, dann in Mödling, dann in Weitra, und eine zeitlang an allen drei Orten gleichzeitig. Er hat mit Schauspielern wie Johanna von Koczian, Aglaia Schmid oder Gertraud Jesserer hoch karätige „Stars“ auf die Sommer-Bretter gestellt, die man nie dort zu sehen gemeint hätte, und nicht nur das Allergefälligste, sondern auch Horvath und Unger gespielt. Und – keiner seiner Nachfolger war je so erfolgreich… Dass man allseits der Liebling ist (auch von Landeshauptleuten), hindert übrigens nicht an den bitteren Erfahrungen, aus manchen Jobs geradezu „menschenverachtend“ weg gemobbt zu werden. Auch das lernt sich in einem langen Leben.

Dvorak erzählt von Kabarett und Theater, von Kollegen, auch Privates von sich, von der Gattin seines Lebens, zwei Töchtern, den Schwiegersöhnen (einer ist Enkel eines berühmten jüdischen Autors), von seinen Domizilen (er hatte viele Adressen, auch in Italien), von seiner Vorliebe fürs gute Essen. Viele Fotos, die meisten aus privaten Beständen, erinnern an „gute, alte Zeiten“. Das ist ein Buch von der Art, wie man es älteren, theatersüchtigen Verwandten gern auf den Weihnachtstisch legt.

Renate Wagner

 

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