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Erwin Steinhauer: DER TRAGIKOMIKER

16.09.2021 | buch, CD/DVD/BUCH/Apps

steinhauer

Erwin Steinhauer
DER TRAGIKOMIKER
Ein biographisches Porträt
192 Seiten, ueberreuter Verlag, 2021 

Rund um einen so „runden“ Geburtstag wie den Siebziger gibt es viele Festivitäten, die schön sind und vorbei gehen. Was bleibt, ist ein Buch. Im Fall von Erwin Steinhauer wurde es von seinem alten Freund, dem Schriftsteller Fritz Schindlecker, verfasst, der den Erwin seit 1984 sehr gut kennt. Und bis auf eine Zeit, in der sie total zerstritten waren (nach der Versöhnung wussten sie gar  nicht mehr, warum), gab es immer eine enge berufliche Beziehung, die mit Kabarett-Texten begann und in den letzten Jahren in einer Reihe gemeinsamer Bücher kulminierte.

Schindlecker schrieb nun für den am 19. September 1951 geborenen Erwin Steinhauer unter dem Titel „Der Tragikomiker“ das, was er ein „biographisches Porträt“ nennt, sprich: im Grunde sein persönliches Buch über den Erwin, was ihn von der strengen Chronologie befreit (das hießt, er darf legitim vom Hundertsten ins Tausendste kommen) und immer wieder Ausflüge ins Private (was seine eigenen Reflexionen betrifft) erlaubt.

Er kann das, was ein Biograph notwendigerweise ziemlich an den Anfang stellen würde, mittendrin erzählen, nämlich dass die katholische Kirche Klein-Erwin die ersten Eindrücke vermittelte, was „Theater“ ist und wie man selbst drinsteckt – als Ministrant bei der Messe und bei der Fronleichnamsprozession…

Tatsächlich ist es ein Buch über die vielen Facetten des Schauspielers Erwin Steinhauer, der in seiner Jugend (also etwa vor 40 Jahren) einer der besten Kabarettisten Wiens war. Damals holte er sich den Schindlecker als Texter. Was ihn von der Garde nach ihm (und der Hader, der Dorfer, der Düringer waren ja auch sehr gut) unterschied? Steinhauer wurde ein großer, wirklich großer Theaterschauspieler (während sich die Kabarettisten Filme auf den Leib schreiben, aber kaum je auf die Bühne gehen).

Burgtheater (bis Peymann), Volkstheater, Josefstadt, jeder Wiener Theaterfreund wird sich an große Leistungen Steinhauers erinnern. Der zweite Schenk könne er werden, hieß es von ihm. Er wurde der erste Steinhauer, und das war viel besser. Schlimm  zu lesen, dass er mit dem Theater eigentlich nichts mehr vor hat: „Mich freut’s nicht mehr.“ Allerdings mit der Einschränkung, die jeder kluge Mensch macht: Man soll nie nie sagen.

Parallel gab es eine Fernsehkarriere mit Serien-Figuren wie dem proletarischen und doch so beliebten Ludwig „Wickerl“ Hawratil in „Der Sonne entgegen“ (mitgeschrieben von Schindlecker) oder dem sanften Gendarmeriebeamten Simon Polt aus dem Weinviertel, den er nach Alfred Komareks Romanen vielfach verkörperte.

Und da sind noch ungezählte größere und kleinere Rollen in Fernsehspielen, wobei der Autor die Frage, die man sich selbst immer wieder gestellt hat, auch aufwirft: Wie kommt es, dass dieser Erwin Steinhauer echte, anständige Menschen so überzeugend verkörpern kann wie die allerfiesesten österreichischen Typen? Das muss man halt aus sich selbst holen, meint Steinhauer, der  das Buch mit einer Unzahl von treffenden O-Tönen bestückt – offenbar hat er dem  Autor lange Rede und Antwort gestanden.

In Pension geht Erwin Steinhauer wohl nicht, zuletzt hat er Freude daran gefunden, als musikalischer Entertainer vor das Publikum zu treten, und Fernsehangebote gibt es zu Hauf. Sehr diskret hält das Buch am Ende das Private, immerhin kommen die Söhne Matthias Franz Stein, auch Schauspieler („Fast so gut wie der Papa“ wird er wohl noch lange hören) und Simon, der irgendwie auch in die Kultur gehen wird, zu Wort.

Alles in allem – ein rundes, schönes Bild des Tragikomikers, auch reich bebildert und mit zusätzlichen Texten versehen, auch noch aus der Kabarett-Zeit.

Renate Wagner

 

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