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Ernst Lauermann: FASZINATION EISZEIT

„Klima“ gab es schon immer

29.05.2025 | buch, CD/DVD/BUCH/Apps

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Ernst Lauermann:
FASZINATION EISZEIT
VON MAMMUT- UND RENTIERJÄGERN IM WEINVIERTEL UND DARÜBER HINAUS
128 Seiten, Edition Winkler-Hermaden, 2025

„Klima“ gab es schon immer

Keine Frage, dass der „Klimawandel“ heute zu den meist diskutierten und neuralgischsten Fragen der Menschheit zählt. Beruhigt es daher zu lesen, dass es das „Klima“ immer gab, dass der Mensch zwischen Eiszeiten und Wärmezeiten (in einer solchen leben wir derzeit) stets hilflos der Natur ausgeliefert war? Und doch ist der Mensch stets (Survival of the fittest . der Anpassungsfähigsten!) mit den Herausforderungen zurecht gekommen. Ein neues Buch von Ernst Lauermann nimmt den Leser nun in vielen kurzen Einzelkapiteln reich bebildert in die „faszinierende“ Eiszeit mit.

Dabei bewegt sich der Autor, wie der Untertitel feststellt, im Raum des Weinviertels, dem der gebürtige Stockerauer – spät berufener Archäologe, spezialisiert auf Ur- und Frühgeschichte – schon viele Abhandlungen gewidmet hat, ob es um frühe Völker, Gräber oder spezifische Orte ging. Hier wird zwar die Region nach ihren Zeugnissen befragt, aber die Erkenntnisse sind wohl allgemeiner Art.

Wenn der Autor dankenswert verknappend erzählt: „Vor 1,6 Millionen Jahren fand man den Homo erectus in Afrika und Südostasien, vor 400.000 Jahren lebten mehrere Arten von Hominiden, unter ihnen Neandertaler und Vorläufer des Homo sapiens, auch in Europa“, dann erfährt man, dass das Klima in diesen schier unendlichen Zeiträumen, die wir ja nicht wirklich denken können, von zyklisch wiederkehrenden Eiszeiten geprägt war, die das Leben für die Menschen hart machten.  

Wenn die letzte Eiszeit, die wir wissenschaftlich erforschen können. 20.000 Jahre zurück liegt, ist bewiesen, dass die Menschen trotz der feindlichen Lebensumstände, damals schon über die puren Lebensnotwendigkeiten zu „künstlerischer“ Tätigkeit (Wandmalereien, Musik auf Knochenflöten) vorgedrungen waren.

Man kann nun – der Autor war in seinen Anfängen Lehrer – Stadien des menschlichen Lebens und seiner Entwicklung nachverfolgen. Die weltberühmt gewordene „Lucy“ lebte vor rund drei Millionen Jahren noch in Afrika, von wo der Mensch weiter wanderte und immer neue Fähigkeiten erwarb. Wenn sich der sprichwörtlich gewordene Neandertaler hauptsächlich von Fleisch ernährte, musste er entsprechende Waffen (damals aus Steinen und Knochen) entwickelt haben. Zu seinem Speisezettel zählte übrigens auch jenes Mammut, das so pittoresk den Titel des Buches ziert – reizvoll gemalt von dem  österreichischen Landschafts- und Tiermalers Franz Roubal. (Mit „drei Mammuts im Weinkeller“ wird dann die Niederösterreich-Schiene bedient, hat man doch bei Umbauarbeiten in einem Weinkeller in Gobelsburg die Riesenknochen von gleich drei Tieren gefunden…)

Diese Eiszeit, zu der Niederösterreich mit der „Venus von Willendorf“ eine der berühmtesten Kleinplastiken frühen menschlichen Kunstschaffens überliefert hat (obwohl so klein, so doch für jedermann eine der Sensationen des Naturhistorischen Museums Wien), wird nicht nur in ihrer „Hardware“, also etwa den Waffen, sondern allen Lebensbedingungen ausführlich dargestellt. Über die Rolle der Frau kann man heute neu spekulieren – vielleicht haben sie ja mit den Männern gejagt. Schmuck haben sie jedenfalls schon damals getragen…Mit Schamanen und Grabkultur ist man dann auch mit der Meta-Ebene des damaligen Lebens befasst.

Wer auf den Spuren der Eiszeit in Niederösterreich reisen will, bekommt vom Autor einen Überblick über sämtliche Fundstellen Niederösterreichs, speziell im Weinviertel. Das Buch ist übrigens auch parallel zu jener „Eiszeit“-Ausstellung zu lesen, die noch bis zum 30. November 2025  im MAMUZ in Mistelbach zu sehen ist.

Renate Wagner

 

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