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ERFURT/ „Studio Box“: FULMINANTE PERFORMANCES: Maya Nathalie Gomez und Timo Behn zeigen die Ergebnisse ihrer Residenz

29.07.2023 | Allgemein, Themen Kultur

Fulminante Performances in der Erfurter STUDIO-BOX. Maya Nathalie Gomez und Timo Behn zeigen die Ergebnisse ihrer Residenz

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Copyright: © Katherin Gutierrez / Thüringer Theaterverband.

Als Abschlusspräsentation der fünfwöchigen Residenz „Musik & Sound“, die ein Teil des Programms „Szene machen“ des Thüringer Theaterverbands in Kooperation mit dem Stellwerk
Weimar, der STUDIO.BOX Erfurt, dem Theater am Markt Eisenach und dem Künstlerhaus Thüringen in Kannawurf, ist, erfolgten am 27. Juli 2023 zwei fulminante Performances in der
Erfurter STUDIO.BOX.

Den ersten Teil bestritt die Tänzerin und Performerin Maya Nathalie Gomez, seit 2019 immer wieder zu Gast am Theater Erfurt, mit der Performance „Hättest du die Dinge anders gemacht?“

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 © Katherin Gutierrez / Thüringer Theaterverband.

Sicher eine Frage, die sich jeder immer wieder im Leben stellt, was wäre gewesen, wenn man etwas anders angepackt hätte oder eine andere Reaktion erfolgt wäre. Aus dieser thematischen,
die eigene Handlungsweise hinterfragenden, Fragestellung heraus entwickelt Maya Nathalie Gomez, seit 2021 in Weimar ansässig, eine interaktive Unterhaltungsshow in Kooperation mit
dem zahlreich anwesenden Publikum, das als Impulsgeber mitwirken kann und so den Gang der Performance aktiv beeinflusst. Einflussmomente sind das Ziehen von magischen Karten,
das Drehen des Glücksrades und das Darbieten von Plakaten mit handlungsbeeinflussenden Inhalten. Unheimlich gelenkig und schnell in ihren Reaktionen beweist Maya Nathalie Gomez
ihre tänzerische Perfektion in rasend-schnellen Tanzvariationen zu lauten Musikeinspielungen, wie auch in langsameren Passagen, die sie beispielsweise mit dem Verschlingen eines
Salatkopfes würzt. Kostüme lassen sie in andere Welten eintauchen und die Handlung immer weiter fortspinnen. Das Publikum hat schlussendlich die Möglichkeit sich für eine Tragödie
oder ein Happyend zu entscheiden und wählt, harmoniebeflissen wie es nun einmal ist, das gute Ende. Wie die Tragödie ausgefallen wäre, bleibt als Spannungsmoment ungelöst.

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 © Katherin Gutierrez / Thüringer Theaterverband.

 

Nach einer halbstündigen Pause folgte die intelligent-durchdachte, musikalisch-rhythmische Performance des Bildenden Künstlers und Kunst- und Klangperformers Timo Behn, in
Referenz an den US-amerikanischen Klangkünstlers John Cage und sein Werk „4‘33“, ein Stück für einen Pianisten, das aus lauter Stille besteht und damit unserer lärmgeprägten,
klangorientierten Welt den Gegenspiegel zeigt. Klanglos zeigt sich dagegen Timo Behns Performance glücklicherweise nicht, denn seine Musiksprache sagt viel über Rhythmik,
Klangverzauberung und den Umgang mit Tonkombinationen aus. Inspiriert von Cages „For theBirds“ steht auch bei Timo Behn eine Ente als Showstar im Zentrum des Geschehens, die in
einer Videoeinblendung, gekoppelt mit Videosequenzen des Künstlers, tonlos watschelnd auf einer Wiese agiert. Fast völlige Dunkelheit, abgesehen von spärlichen Lichtquellen, ermöglicht
die absolute Fokussierung auf Behns Klangwelten. Anklänge an Beethovens „Mondscheinsonate“ bieten die Grundierung in Form von rhythmischen Klangmodellen, die clusterhaft kreisend, die ganze Performance durchziehen und rhythmisieren. Darauf aufbauend erklingen Timo Behns Klavierimprovisationen am Flügel der STUDIO.BOX verortet, erstlangsam und punktuell einsetzend, sich dann allmählich steigernd bis hin zu einer wallenden Klangwoge, in rasende Geschwindigkeit übergehend. Erstaunlich wie Behn mittels Einbauten von Ikea-Teilen in die Mechanik des Flügels die Klänge hin zum Cembalo zu verwandeln vermag, das er wiederum klanggewaltig und inspirierend spielt. Diese virtuose Klangqualität entsteht in rhythmischer Anpassung an einen alten Fernseher, dessen weißes Rauschen die rhythmische Fokussierung abgibt. Nicht ausschließlich zu hören gibt es in dieser Performance, sondern auch zu sehen. So entsteht ein Schattenspiel hinter einer Leinwand, bestehend aus einem Notenständer und dem Klangkünstler in eigener Person, der einen Schirm rhythmisch öffnet und schließt, ohne, dass dies klanglich hörbar wird. Während Maya Nathalie Gomez als Schnittstelle zwischen Menschen und Maschine auf einem Podest stehend ebenfalls einen Regenschirm öffnet und schließt, an dem aber im Gegensatz dazu, ein Mikrofon befestigt wurde, das rhythmische Klanggeräusche verursacht, die sich dem rhythmischen Grundgerüst perfekt anpassen. Dieses tonlose und geräuschhafte Betätigen des Regenschirms zeigt ein Missverständnis zwischen den Sinnen Hören und Sehen als humorvollen Moment auf, der aber in tieferen Schichten zeigt, dass nicht alles so ist, wie es scheint und nicht alles so scheint, wie es ist. Dazu kommen zahlreiche vom Künstler selbst entworfene und gefertigte Klangskulpturen, beispielsweise aus einem schwebenden Luftballon auf einem Ventilator, einer Eieruhr, einer Plastiktüte auf einem Palmwedel usw., die sich taktgenau und rhythmisch perfekt, in das gesamte Klanggeschehen einfügen. Aber auch Maya Nathalie Gomez verleiht dieser Performance durch ihre akrobatischen Übungen, die leider im Dunkel nur zu erahnen sind, noch eine artistische, tänzerische Komponente. Timo Behn gelingt es somit in jeder Hinsicht alle Sinne anzusprechen und zu fesseln. Eine eindrucksvolle Performance, die Lust macht auf weitere Arbeiten von Timo Behn.
 

Der dritte Künstler der Residenz „Sound & Musik“ Tommy Neuwirth aus Weimar, konnte an der Abschlusspräsentation leider nicht teilnehmen.

Dr. Claudia Behn

 

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