„Oper am Klavier“ in Erfurt: „Die Nürnberger Puppe“ von Adolphe Adam (Aufführung: 1. 4. 2012)
Seit Jahren bringt das Theater Erfurt im Studio des Hauses in ihrer Reihe „Oper am Klavier“ musikalisch besonders reizvolle Opernraritäten konzertant zur Aufführung, wobei die Musik des Werks vollständig erklingt und der Inhalt der gesprochenen Dialoge in einer Moderation zusammengefasst wird. Diesmal fiel die Wahl auf die einaktige Oper „Die Nürnberger Puppe“ von Adolphe Adam, die 1852 in Paris uraufgeführt wurde und in Erfurt in deutscher Sprache (Übersetzung: Ernst Pasqué) zur Aufführung kam.
Der französische Komponist Adolphe Adam (1803 – 1856), den meisten Opernfreunden durch seine Oper Der Postillon von Lonjumeau und sein Ballett Giselle ein Begriff, wird zu den erfolgreichsten Vertretern der komischen französischen Oper gezählt und gilt als einer der wichtigsten Wegbereiter für die Operetten von Jacques Offenbach.
Die Handlung der Oper, deren Libretto von de Leuven und Victor-Arthur Rousseau de Beauplan verfasst wurde, in Kurzfassung: Der Spielzeugmacher Cornelius hat – wie Spalanzani in Offenbachs Hoffmanns Erzählungen – eine mechanische Puppe konstruiert. Er ist überzeugt, seiner Puppe mit Hilfe des Zauberbuchs von Doktor Faustus in einer mitternächtlichen Geisterbeschwörung Leben einhauchen zu können, um sie dann seinem etwas einfältigen Sohn Benjamin zur Frau zu geben. Diesen Aberglauben macht sich sein Neffe Heinrich zunutze, der von Cornelius um sein Erbe betrogen wurde. Er vertauscht die Puppe mit seiner Braut Bertha und entfacht – als Mephisto verkleidet – einen Höllenzauber, der Cornelius schließlich zur Vernunft und zur Anerkennung seiner Schuld bringt.
Die musikalische Einstudierung der Oper nahm Ralph Neubert vor, der als Pianist Schwerarbeit zu verrichten hatte. Den Spielzeugmacher Cornelius sang der Bass Dario Süß, der seiner Rolle durch seine imposante Erscheinung und mächtige, wortdeutliche Stimme das nötige Profil verschaffte. Köstlich auch seine ausdrucksstarke Mimik. Seinen offensichtlich ein wenig zurückgebliebenen Sohn Benjamin gab der Tenor Marwan Shamiyeh mit gutem Mienenspiel. Der Bariton Máté Sólyom-Nagy spielte Cornelius‘ Neffen Heinrich, den Bräutigam von Bertha. Er legte sich für die Mephisto-Szene eine Augenmaske zu und sang seine Rolle mit kräftiger Stimme und ebenfalls großer Wortdeutlichkeit.
Star des Einakters war die hübsche Sopranistin Daniela Gerstenmeyer, die ihren ersten Auftritt als Bertha mit einem eleganten weißen Kleid absolvierte. Als scheinbar zum Leben erweckte Puppe präsentierte sie sich mit einem rosa „Puppengewand“ und sang die Puppenarie virtuos, wobei sie mit ihren puppenhaften Gebärden und Bewegungen dem Publikum Assoziationen an Offenbachs Olympia vermittelte. „Brava“-Rufe und starker Szenenapplaus war der verdiente Lohn für die junge Sängerin, die am Mozarteum in Salzburg studiert hatte.
Die Moderation der Vorstellung hatte Arne Langer inne, der nicht nur die gesprochenen Dialoge der Oper schilderte, sondern auch berichtete, dass deren Ausgangspunkt in E.T.A. Hoffmanns Erzählung Der Sandmann aus der Sammlung der Nachtstücke von 1816 lag, die 1846 ins Französische übersetzt wurde.
Lang anhaltender Beifall des Publikums im ausverkauften Studio des Theaters Erfurt mit einigen Bravorufen belohnte am Schluss alle Interpreten der konzertanten Aufführung.
Udo Pacolt, Wien – München