Elizabeth Horn:
MORD UND LIMONCELLO
Ein Gardasee-Krimi
336 Seiten, Verlag Servus bei Benevento, 2022
Sensible Leserinnen werden leicht erstaunt sein. Wenn der Ehemann ausgerechnet am 20. Hochzeitstag ermordet wird – ja, da würde man vielleicht etwas mehr Schrecken, Panik und Emotionen zeigen als Charlotte Stutz. Diese jedoch, die Heldin des Gardasee-Krimis „Mord und Limoncello“ (ein Likör, süß und zitronig) von Elizabeth Horn, interessiert sich von Anfang an vor allem dafür, das Verbrechen aufzuklären. Schön und gut, aber ein bisschen Erschütterung…? Immerhin erfährt man später ausführlich, dass Charlotte mit ihrem knochentrockenen Kriminalhauptkommissar-Gatten, der eher mit seinem Beruf verheiratet schien, nicht ganz so glücklich war. Und das ist auch nötig, sonst wäre die aufkommende Romanze nicht erlaubt…
Strutz, das baldige Mordopfer, hat seine Gattin zu deren Erstaunen zum Hochzeitstag an den Gardasee eingeladen, obwohl er sonst nicht viel für solche Rituale übrig hatte. Der Leser weiß schnell, dass es ihm um etwas ganz anderes geht: Er will vor Ort ein altes Verbrechen aus der Mussolini-Zeit aufklären, auf das er bei Recherchen gestoßen ist. Damit steigt er aber schnell jemandem so auf die Füße, so dass er im Keller seines Hotels (während die Gattin im Speisesaal auf ihn wartet) mit einem Schuß in den Kopf tot aufgefunden wird.
Der zuständige Commissario Fabio Angelotti, als „Genie“ und etwas verrückt beschrieben, glücklicherweise geschieden, nimmt sich der Witwe gewissermaßen an, und diese begibt sich nun auf den Spuren des Gatten auf die Suche nach dem einstigen und heutigen Verbrechen – in Kriminalromanen sind die Frauen ja immer so unendlich tüchtig.
Man erfährt also, dass während des Krieges Luca, Sohn der sehr reichen Endrici-Familie, durch Verrat verhaftet wurde, und offenbar wirkt dieses Verbrechen bis in die Gegenwart nach, wobei es lang, sehr lang dauert, bevor man erfährt, worum es eigentlich geht, nämlich eine unter Freunden gestohlene Michelangelo-Zeichnung…
Carlotta, wie sie nun heißt, und Angelotti recherchieren endlos, ohne auf einen grünen Zweig zu kommen. Elizabeth Horn erzählt ausschweifend und atmosphärisch, bringt viele Menschen und ihre Vernetzung in dem kleinen Ort ins Spiel, aber die Spannung hält sich in Grenzen. Es dauert bis Seite 200, bis endlich etwas Tempo in die Handlung kommt und Carlotta (von einem Mann, den man aus dem Hotel kennt) entführt wird. Und dann wird man als Leser allmählich nervös, weil Fabio Angelotti immerhin 70 Seiten braucht, um sie zu finden. Das Verbrechen wird aufgeklärt, das Happyend verschoben – Carlotta kehrt nach Hause zurück, aber keine Frage, dass der Commissario ihr bald folgen wird.
Ein richtiger Krimi mit Ferienstimmung ist das nicht, eher die Geschichte einer Frau um die 40, die viele sympathische Züge hat und sich neu orientieren muss, was sie erfolgreich tut, wenn die Gefangenschaft auch keine ersprießliche Erfahrung ist. Es gibt mehr Kriegs-Vergangenheit als Gardasee-Gegenwart, aber letztendlich sind Schuld und Sühne der Geschichte aufgegangen.
Renate Wagner