Edith Kneifl:
TOT BIST DU MIR LIEBER
Die Drei vom Naschmarkt ermitteln
296 Seiten, Haymon Verlag, 2016
Österreichs Krimi-Lady Nr. 1 liebt die Abwechslung. Die Leser sind konservativer – die wollen auf Anhieb eigentlich mit Katharina Kafka in Margareten der Gegenwart herumziehen oder mit Gustav Karoly im Wien der Jahrhundertwende versinken, kurz, die Abenteuer jener Helden lesen, die Edith Kneifl schon so erfolgreich kreiert hat.
Aber man gewöhnt sich schnell und leicht an den Naschmarkt als neues Umfeld und das Dreier-Team von „Ermittlerinnen“, die man nun kennen lernt, wobei Magdalena Musil (mit zwei kurzen Ausnahmen) als Ich-Erzählerin fungiert. Frisch geschieden, will sie sich als Privatdetektivin durchs Leben bringen. Ihre Untermieterin, die füllige slowakische Friseurin Elvira, und ihre Nachbarin, die Polizisten-Gattin Sofia, helfen nach Maßgabe ihrer Möglichkeiten mit.
Der Krimi beginnt ungeheuer flott und ungeheuer zeitgemäß, denn man weiß, welche Rolle „Liebe im Internet“ heute spielt und wie riesig das Geschäft mit den Single-Börsen läuft. Und leider auch mit der Naivität von wohlhabenden, allein stehenden Frauen, die dann gnadenlos abgezockt werden – so wie die erste Klientin von Magdalena Musil.
Auf der Suche nach diesem Frauenhelden, der auch andere Damen beglückt hat, spielen die Detektivinnen selbst Lockvögel, was sehr komisch ausfällt. Überhaupt bietet das Buch über weite Strecken mehr Stimmungsmalerei als Krimi-Spannung – aber die Menschenporträts sind scharf, treffend und witzig, und mit Magdalena (basierend natürlich auf den Erfahrungen der echten Edith Kneifl) einen Spaziergang durch den Naschmarkt zu unternehmen, ist ein Vergnügen… Das Flüchtlings-Problem wird hier übrigens nur sanft und nicht demonstrativ-belehrend eingeführt. Einfach als ein Stück heutigen Alltags.
Es ist alles so richtig schön Wienerisch in dem Buch, die Damen sind vollmundig und nehmen sich kein Blatt vor besagten Mund, man liest anheimelnde Worte wie „Kramuri“ und überlegt sich nur, dass es bei uns doch eher „Funzen“ als „Pfunsen“ heißen würde… aber darauf soll es nicht ankommen, wenn das Milieu und die Figuren so stimmen.
Renate Wagner