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Edith Kneifl: DÜNENZORN

06.09.2021 | buch, CD/DVD/BUCH/Apps

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Edith Kneifl
DÜNENZORN
Ein Kanaren-Krimi
352 Seiten, Haymon Verlag, 2021

In einer nun doch schon langen Karriere als Verfasserin von Kriminalromanen, wobei sie sich an die Spitze einer reich bestückten Szene geschrieben hat, ist Edith Kneifl nie stehen geblieben. Kaum hatten sich ihre Leser nach einigen Büchern an gewisse Figuren und Milieus gewöhnt, wechselte sie Schauplatz und Helden. Derzeit ist sie als Insel-Hopperin unterwegs.

Nachdem man Laura Mars aus Wien im vorigen Buch („Wellengrab“) durch griechische Inseln und schlimme Ereignisse gefolgt ist (Auftragskiller inklusive), sind diesmal die Kanaren an der Reihe. Dorthin kommt Laura, nachdem sie von Schicksalsschlägen geschüttelt wurde, um ihrem Vater in Gomera beizustehen. Seine (zweite) Frau ist nämlich verschwunden – einfach mit einem Liebhaber abgepascht oder entführt? Als die Lösegeldforderung kommt, wird das Geschehen dramatisch, und Laura soll mit dem eleganten Don Alvarez, dem Anwalt ihres Vaters, die 500.000 Euro überbringen.

So viel sei verraten – auf Anhieb klappt es gar nicht mit der Übernahme, irgendwann verschwindet das Lösegeld auch spurlos, und bis man am Ende nach gefühlt sehr langer Zeit (mit 350 Seiten scheint das Buch voluminöser denn je) dann endlich erfährt, wer hinter all dem steckt, ist man ehrlich überrascht. Aber der Weg dahin war ein wenig zäh, auch wenn sich eine Menge undurchsichtiger Figuren im Geschehen tummeln (böse Männer, aber die Frauen sind auch nicht so ohne) und man allerhand über den Umschlagplatz Kanaren für die  Drogendealer zwischen Südamerika und Holland erfährt.   

Drei Kapiteln, drei Inseln, Gomera, Teneriffa, Gran Canaria sind die Schauplätze, wo Laura sich herumtreibt. In eineinhalb Jahren, in denen sie „zurückgezogen“ gelebt hat wie so viele andere, hatte Edith Kneifl viel Zeit zu erzählen. Zu jeder Insel erfährt man (geschickt in Dialoge eingeschmolzen) viel über Land und Leute, die Geschichte und die Probleme der Gegenwart, Natur und richtig schön viel auch über Kultur. Fast ein Reiseführer auf Umwegen, interessant präsentiert.

Allerdings bleibt die Krimi-Handlung dabei ein wenig auf der Strecke, der gekidnappten Gattin des Vaters kommt man erst ganz am Ende des Buches näher, zwei Leichen passieren wie nebenbei und ihr Tod wird später kaum ausreichend begründet, ebenso wenig wie Lauras dramatisches Schicksal (auch sie wird gekidnappt)… Und der Zorn der Dünen (können Dünen zornig sein?) besteht offenbar darin, dass sich dort ein Schwulentreff befindet und eine wichtige Figur des Romans ums Leben kommt.

Immerhin löst sich am Ende alles in Harmonie auf, Laura (die durch deftig-derbe Sprache und ebensolches Gefühlsleben charakterisiert wird) hat überlebt, anzunehmen, dass ihre Autorin sie noch braucht. Schließlich gibt es noch die Balearen, die Azoren, die Äolischen Inseln… reizvolle Schauplätze noch und noch. Sie sollten bloß die Krimi-Handlung nicht überlagern.

Renate Wagner

 

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