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DÜSSELDORF: TOSCA

17.05.2012 | KRITIKEN, Oper

Apprestate per il Te Deum – Giacomo Puccini : Tosca, Wiederaufnahme Premiere Rheinoper Düsseldorf, 17. Mai 2012

Nelle chiese inni al Signore“: Nicht in den Kirchen, in den großen Opernhäusern am Rhein feierte man an diesem Christi Himmelfahrt die große Floria Tosca. In Köln zwar nicht mehr im Haus am Offenbachplatz, sondern im großen Musical-Zelt zwischen Bahnhof und Rhein zur Premiere. In Düsseldorf kam die nun inzwischen 10 Jahre alte Hilsdorf-Produktion zu Wiederaufnahme-Ehren.

Um es vorweg zu nehmen, ein großer Abend war das nicht. Dietrich Hilsdorfs spannende Inszenierung, als Alptraum Toscas konzipiert, verkam zum niedlichen Verdauungsschläfchen. Das lag zum einem am zwar recht knalligen aber spannungsarmen Dirigat von Alexander Joel mit den brav aufspielenden Düsseldorfer Symphonikern, zum anderen am Nichtvorhandensein der Titelrolle.

Wenn der Abend überhaupt so etwas wie eine Daseinsberechtigung hatte, dann lag es an der bühnenbeherrschenden Auslotung Boris Statsenkos als perfiden Lüsting Baron Scarpia. Dieser hatte aber auch schon fast zu leichtes Spiel. Seit er in diese Produktion einstieg, hat sich der russische Bariton den Polizeichef immermehr zu eigen gemacht und an seiner Rollenauslegung gefeilt. Immer wieder lassen sich neue Facetten, neue Details entdecken, davon profitiert auch die musikalische Auslotung. Statsenko beherrscht das Geschehen vom ersten Moment an. Wäre Scarpia in dieser Produktion nicht auch noch post mortem im dritten Akt beteiligt, der Aufführung, so wie sie jetzt rüberkommt, wäre der Lebensnerv geraubt.

Gustavo Porta leistet als Cavarodissi Solides, kämpft zwar noch mit den Kantilenen des „recondita armonia“ doch gelingt ihm ein beachtliches „la vita mi castasse“. Seine „Vittoria“-Rufe können sich durchaus hören lassen, wie sein schön vorgetragenes „E lucevan le stelle“. Leider kommt er im recht steifen Spiel nicht über den malenden Tenor hinaus.

Tosca ist die Titelheldin und sollte somit im Mittelpunkt stehen. Dass eine Sängerin indisponiert ist, mag entschuldbar sein, unverzeihlich hingegen ist ein völlig beteiligungsloses Spiel. Mit großer Erwartungshaltung besuchte der wortbrüchige Chronist die Vorstellung. Hatte er sich doch geschworen, dieser Produktion fern zu bleiben, da „die“ Düsseldorfer Tosca Therese Waldner nicht mehr engagiert wurde. Dann kam Ostermontag das Münsteraner Abigaille-Erlebnis durch Raffaella Angeletti. Eine hochdramatische Rollengestalterin, die die Bühne vom ersten Auftritt beherrschte, angekündigt als Tosca an der Rheinoper. Vielleicht eine würdige Nachfolgerin der Waldner? Immens die Enttäuschung nach dem Eindruck an diesem Abend. Im ersten Akt war diese Tosca nur darauf bedacht, nicht auf ihren Mantel zu treten und bewegte sich, als suche sie in Sant‘ Andrea ihre verlustigt gegangenen Kontaktlinsen, sang und spielte ihre Preghiera im zweiten wie Toscas Lullaby. Nach Entfernen ihrer Perücke fistelte die Piemonteserin nur noch in ihren Haaren herum, als wolle sie auf die Schnelle zwischen dem Mord an Roms Polizeichef und der zu erwartenden Hinrichtung ihres Geliebten noch schnell einen römischen Starcoiffeur aufsuchen. Sitzt das Haar auch auf der Plattform der Engelsburg richtig? Angesichts des Todes eine mehr als berechtigte Frage…  Das ergreifende Ende verpuffte in Belanglosigkeit. Musikalisch schlug sie sich trotz Ansage allerdings wacker. Aus dem soliden Ensemble ragte Peter-Nikolaus Kante mit seinem Kabinettstückchen als miesepetriger Sagrestano hervor.

Eine Repertoirevorstellung durchschnittlicher Qualität, wie ihn die Rheinoper auch ertragen muss. Ob uns aber noch einmal der Nervenkitzel des Psychothrillers, wie ihn uns die Waldner jahrelang bescherte, zuteil werden darf?

Dirk Altenaer

 

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