Dresden/Frauenkirche: W. A. MOZARTS „MISSA LONGA“ – 24.3.2013
Foto: Ingrid Gerk
Bevor Matthias Grünert die Aufführung der „Missa longa in C“ von W. A. Mozart leitete, hatte er sich als Einstimmung an die große Orgel der Frauenkirche gesetzt, um die bekannte „Sonate II c Moll“ op. 65, 2 MWV W 57 von F. Mendelssohn-Bartholdy zu spielen. Die ersten Sätze wurden relativ schlicht registriert, wodurch die musikalischen Linien sehr deutlich nachvollziehbar waren. Für die Fuge hatte er ein tutti gewählt, das einen starken Kontrast zu dem Vorhergehenden bildete und die Sonate ganz anders als gewohnt erscheinen und ihre einschmeichelnde Melodik nur unterschwellig erkennen ließ.
Für die repräsentative, 1775/76 für den Salzburger Dom komponierte „Missa longa“ für Sopran, Alt, Tenor, Bass, gemischten Chor und Orchester hatte Grünert die Chursächsische Philharmonie Bad Elster engagiert, mit der er einen Tag zuvor in deren Heimatstadt ebenfalls diese Messe aufgeführt hatte. Die Bezeichnung „Missa longa“ stammt von Vater Leopold Mozart, der sie wegen ihrer für die damalige Zeit großen Orchesterbesetzung und der, im Vergleich zu den zur gleichen Zeit entstandenen, wesentlich kürzeren Messen, sehr ausführlich behandelten Sätze so nannte.
Die Chursächsische Philharmonie wurde 1817 gegründet und avancierte unter Christoph Wolfgang Hilf, dem Konzertmeister des Leipziger Gewandhausorchesters unter Felix Mendelssohn-Bartholdy im 19. Jh. zu einem wesentlichen Bestandteil sächsischer Kultur. Seit 1992 verfolgt das traditionsreiche Orchester ein besonderes Ziel, die Musik aller Epochen möglichst stilsicher im Originalklangerlebnis zur Aufführung zu bringen. Die Musiker spielen auf historischen Instrumenten nicht nur des Barock, sondern auch der Klassik und der Romantik und hatten für dieses Konzert die entsprechenden Instrumente mitgebracht, die der Aufführung der Messe einen besonderen Klangreiz verliehen und gut mit dem Projektchor der Frauenkirche harmonierten.
In der Zeit der Klassik bestand eine eindeutige Vorliebe für die hohen Singstimmen, weshalb auch hier dem Sopran eine besondere Rolle zukam. Birte Kulawik konnte mit ihrer klangvollen Sopranstimme, guter Technik und reifer, ausgewogener Gestaltung voll überzeugen – eine Gesangsleistung und stilgerechte Gestaltung, die internationalen Maßstäben entsprach.
Alt und Bass treten in den Messen der klassischen Epoche mehr in den Hintergrund und haben nicht mehr die umfangreichen Arien zu singen wie in der Barockzeit. Rahel Haar fügte sich mit ihrer leicht gutturalen, aber angenehm klingenden Altstimme gut in das Ensemble ein und verfügte auch über die entsprechende Stilsicherheit.
Trotz sehr unterschiedlicher Timbres und Qualitäten der vier Solisten – Albrecht Sack hatte den Tenorpart und Sebastian Richter die Basspartie übernommen – fanden sie sich zu entsprechender Geschlossenheit im Quartett zusammen.
Nach der Messe gab es noch eine besonders schöne musikalische Überraschung, Mozarts viersätzige „Sinfonie D Dur“ KV 97 auf alten Instrumenten mit erstaunlich schöner Klangwirkung, frisch und mit ursprünglicher Musizierfreude gespielt, im genau richtigen Tempo und mit viel Gespür für die intelligente Leichtigkeit dieser Musik. Mozarts Musik verfehlt, ganz gleich in welcher Interpretation, ihre Wirkung auf den Zuhörer nie, aber mit dieser ungewöhnlichen Klangschönheit verstanden es die Musiker, diese Sinfonie noch einmal neu zu erschließen.
Ingrid Gerk