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DRESDEN/ SEMPEROPER: TRISTAN UND ISOLDE

21.11.2013 | KRITIKEN, Oper

Dresden / Semperoper:  „TRISTAN UND ISOLDE“ 20. 11. 2013

Unbenannt
2. Akt. Foto: Semperoper

 In der 50. Vorstellung seit der Premiere (17.5.1995) sangen zum 3. Mal Eva-Maria Westbroeck als Isolde und Frank van Aken als Tristan. Im Privatleben sind sie ein Ehepaar, auf der Bühne waren sie ein Liebespaar.

 Die mit modernen Mitteln die Handlung umsetzende Inszenierung von Marco Arturo Marelli, der auch für das Bühnenbild verantwortlich zeichnet, ist erfreulicherweise am Stoff der Oper orientiert und unterlegt keinen andersartigen Inhalt. Sie kommt mit wenigen großen schrägen Wänden und Türen aus und bringt die Opernhandlung mit schlichten, aber wirksamen Mitteln herüber, was die Konzentration auf Sänger und Orchester sehr begünstigt. Das Bühnenbild zeigt in der Art des Kubismus große, kahle, mit- und gegeneinander verschiebliche Wände und Türen in verschiedenen Farbtönungen und eine schräge Aktionsfläche im 2. und 3. Aufzug, die die jeweilige Situation der Gefühls- oder Gemütszustände der agierenden Personen unterstreichen – ein gutes Beispiel, wie mit modernen Mitteln eine Oper sinnvoll umgesetzt werden kann, ohne sie zu entstellen.

 Die Kostüme von Dagmar Niefind-Marelli sind in modernem Schnitt gehaltenen, erwecken aber dennoch die Illusion einer unbestimmten archaischen Zeit. Sehr geschickte Lichteffekte sorgen für optische Abwechslung und unterstreichen stimmig die Handlung, ohne vordergründig oder gar kitschig zu wirken.

 Während der langen Dialoge des 1. Aufzuges hätte man sich zwar manchmal einen optischen Blickfang gewünscht, aber Isolde fühlt sich gefangen in dieser bedrückenden Enge und langem Halbdunkel im Inneren des Schiffes (wie in einem Laderaum). Innerlich aufgebracht, empört sie sich in emotional geladenen Ausbrüchen gegen das ihr vermeintlich drohende Schicksal.

 Eva-Maria Westbroeck verlieh dieser expressiven Situation ihre klangvolle Stimme, wenn auch manche hohen, exponierten Töne hier mitunter noch problematisch erschienen. Sie bemühte sich sehr um die Partie und überzeugte im 2. und 3. Aufzug besonders durch manch schöne lyrische Passage, die erkennen ließ, dass sie ihre Rolle verinnerlicht hatte. In jeder Phase verlieh sie ihrem Gesang zusätzlich Ausdruck durch ein unprätentiöses, wirkungsvolles Spiel. Leider wurde ihr Liebestod in der dramatischen Zuspitzung zwar folgerichtig, aber dennoch bedauerlich, vom Orchester ziemlich zugedeckt, wobei ihre Stimme aber immer noch sphärisch verhallend hindurchklang.

 Im Kontrast zur gedemütigten und impulsiv aufbegehrenden Königstochter war Christa Mayer eine wohlwollend beschwichtigende Brangäne zwischen dezenter mitfühlender Gefühlsbewegung und standesgemäßer Zurückhaltung, wie es die Rolle verlangt. Sie sang mit ihrer wohlklingenden, warmen Stimme und lotete die Rolle in der Balance zwischen Vertrauter und Dienerin mit immer begütigender und beruhigender Zurückhaltung sehr eindrucksvoll aus.

 Frank van Aken war ein in jeder Beziehung durchaus überzeugender Tristan und Matthias Henneberg ein guter Kurwenal, beide mit deutlicher Artikulation und entsprechender stimmlicher Gestaltung.

 Ein idealer König Marke war Georg Zeppenfeld mit seiner in allen Lagen ausgesprochen sicheren und klangvollen Stimme und einer besonders klangvollen Tiefe, die ihres Gleichen sucht. Sehr gute Artikulation und Sich-zu-Eigen-Machen der Rolle sind bei ihm selbstverständlich. Während seines (großen) Auftritts herrschte atemlose Stille im Opernrund. Bei ihm ist einfach immer alles da, Stimme, Ausdruck, große Ausstrahlung und Identifizierung mit der Rolle.

 Der hoffnungsvolle, allgemein gelobte, Sebastian Wartig vom Jungen Ensemble war leider erkältet, so dass Christoph Pohl für ihn als Melot einspringen musste. Ilhun Jung sang als Steuermann  außerhalb der Bühne sehr sicher auch die a‑capella-Passagen. Hinter der Bühne sang der Sächsische Staatsopernchor (Einstudierung: Wolfram Tetzner)

 Die Sächsische Staatskapelle Dresden spielte unter der Leitung von Asher Fisch mit allen Feinheiten. Insbesondere fielen die wunderbaren Streicher und später auch die Bläser auf, von denen zwei Trompeter am Ende des 1. Aufzuges nicht nur als besonderer Effekt, sondern auch mit guter akustischer Wirkung ihren Part in der Seitenloge bliesen.

 Der 2. Aufzug wurde mit dem berühmten großen Strich gegeben, was aber dem guten Gesamteindruck der Aufführung kaum Abbruch tat.

 Ingrid Gerk

 

 

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