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DRESDEN/Semperoper: NABUCCO

09.06.2023   Semperoper Dresden   „Nabucco“

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Foto: Semperoper Dresden/Ludwig Olah

Eine Reise nach Dresden muss natürlich auch einen Besuch der berühmten Semperoper beinhalten. Die Aufführung von Verdis „Nabucco“ schien wenig riskant zu sein. Und tatsächlich wurden die Erwartungen bei weitem übertroffen, die Wiedergabe war eine musikalische Sternstunde.

Das Orchester, bestens geschult durch seinen Noch-Chef Christian Thielemann spielte nahezu perfekt, die tolle Akustik des Hauses bewirkte einen Raumklang, wie man ihn nur selten erleben kann. Am Pult stand der spanische Dirigent Jordi Bernacer, dem es stets gelang, den Klangorkan zu drosseln, die Sänger optimal zu begleiten und die Gefahr des „Leierns“ zu bannen. Dadurch gelang es auch, den berühmten Gefangenenchor mithilfe des trefflich disponierten Chores ohne Schleppen und Hetzen wiederzugeben.

An der Spitze des Ensembles ist der Sänger des Zaccaria, Georg Zeppenfeld zu nennen. Sein Bass besitzt sowohl in der Höhe als auch in der Tiefe die nötige Treffsicherehit und das ausreichende Volumen für diese Rolle. Ewa Plonka sang die extreme Partie der Abigaille mit viel Kraft, Sicherheit in den Spitzentönen, aber auch berührend in den lyrischen Momenten. Pavol Breslik war ein hervorragender Ismaele, eine eher undankbare Rolle, in der man nur selten brillieren kann. Sein kraftvoller, wohl timbrierter Tenor war aber hier ein großer Pluspunkt. Die Rolle der hin- und hergerissenen Fenena wurde von Christa Mayer sehr zufriedenstellend gesungen. Dass ich den Sänger des Nabucco als Letztes nenne, hängt damit zusammen, dass in den letzten 20 Jahren ganz hervorragende Sänger am Werk waren, etwa Renato Bruson, Leo Nucci und Placido Domingo.  Da wird man unbescheiden und überkritisch, wenn manches an Schöngesang und Subtilität fehlt. Markus Marquardt sang die Titelrolle routiniert, er setzte seinen Bariton kraftvoll ein, aber es fehlte eben das gewisse Etwas.

Über die Inszenierung kann man nur wiederholen, was in tausend Fällen schon zu bemängeln war: Die Abkehr vom (zeitlichen) Original birgt immer die Gefahr, dass das Werk nicht ernstgenommen und für das Publikum schwer verständlich wird. Spielort Palästina, oder ein südamerkanischer Staat, Zeit: 20. Jahrhundert. Regisseur David Bösch ist es nicht gelungen, das Werk adäquat darzustellen. Ein Jeep auf der Bühne (Bühnenbild Patrick Bannwart) und abgrundhässliche Kostüme (Meentje Nielsen) – besonders betroffen war Abigaille, man müsste ihr Schmerzensgeld dafür bezahlen, dass sie sich derart verschandeln ließ – konnten aber den musikalischen Erfolg nicht schmälern. Bedenklich, dass solche „Um-Inszenierungen“ offenbar Standard sind.

 

Johannes Marksteiner/Wien

 

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