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DRESDEN/ Semperoper: MOZART-REQUIEM unter Thielemann (zum Gedenken an die Zerstörung Dresdens vom 13.- 15. 2.1945)

15.02.2013 | KRITIKEN, Oper

Dresden / Semperoper: MOZART-REQUIEM UNTER THIELEMANN – 13./14.02.2013

 1951 begründete Rudolf Kempe mit der Aufführung von Verdis „Messa da Requiem“ eine nunmehr lange Tradition der Sächsischen Staatskapelle Dresden, alljährlich am 13. und 14. Februar, den Tagen, als Dresdens Innenstadt kurz vor Ende des 2. Weltkriegs im Bomben-Hagel total zerstört wurde, ca. 25000 Menschen qualvoll starben und viele bis heute sichtbare Narben davongetragen haben, ein Gedenkkonzert – (meist) mit einer Totenmesse – aufzuführen.

 2003 leitete Christian Thielemann, der von dieser Tradition sehr beeindruckt ist, zu diesem Anlass das „Deutsche Requiem“ von J. Brahms, 2010 L. v. Beethovens „Missa solemnis“ und nun, in seiner ersten Amtszeit als Chefdirigent der Sächsischen Staatskapelle, im Rahmen des 7. Symphoniekonzertes W. A. Mozarts „Reqiem d Moll“ (KV 626) in der Fassung des Mozart-Schülers F. X. Süßmayr. Dieses Requiem wurde zum Inbegriff der großen Requiem-Vertonungen. Für seine Beliebtheit spricht auch, dass es vielleicht am häufigsten für das Begräbnis berühmter Komponisten, Dirigenten und Künstler gewählt wurde. Es wurde in Wien bei einer öffentlichen Trauerfeier für Franz Schubert aufgeführt (während bei der Trauerfeier im Kreis von Familie und Freunden das Requiem eines seiner Freunde erklang). Es erklang beim Begräbnis von Robert Schumann und auch, als Karl Böhm zu Grabe getragen wurde, um nur einige zu nennen.

 So oft man dieses Requiem auch hört, es beeindruckt, unabhängig von der Interpretation, immer wieder zutiefst, ob in Kirche oder Konzertsaal, von Elitechören und -orchestern oder Laien.

 Die Aufführung in der Semperoper war professionell. Alle Ausführenden orientierten akribisch auf die bestmögliche Wiedergabe ihrer Partie, insbesondere die Solisten. Genia Kühmeier (Sopran) nahm die Stimme (wegen der Mikrofone) sehr zurück, wirkte aber trotzdem sehr gut verständlich und setzte die richtigen, der Sopranstimme zugedachten Akzente. Christa Mayer (Alt) brachte mit ihrer zuverlässigen Stimme und ihrem besonderen Timbre Wärme und Innigkeit ein. Daniel Behle (Tenor) verfügt ebenfalls über eine sehr wohlklingende Stimme, Alastair Miles (Bass) zwar weniger, aber er sang mit sehr langem Atem und sorgfältig jede Note bis ins letzte Detail aus. Besonders im „Benedictus“ fand dieses Solistenensemble zu ausgewogener Geschlossenheit und schöner Harmonie.

 Der Sächsische Staatsopernchor Dresden, der traditionell die Chorpartie übernommen hatte, wirkte gewaltig und leider etwas vordergründig (Einstudierung: Pablo Assante). Die Männerstimmen verlieren an Klangschönheit, wenn sie bis ins Letzte versuchen, lautstark zu singen. Bei der tragenden Akustik der Semperoper ist das nicht nötig. Hingegen sangen die Frauenstimmen sehr klangschön und homogen. Trotz aller Professionalität hätte man sich noch etwas mehr Innigkeit gewünscht, die allein aus dem Gefühl resultiert und auch bei bester Absicht nicht immer durch Bewusstsein und guten Willen zu erreichen ist.

 Die sonst so wunderbaren Streicher der Kapelle wirkten hier sehr gleichmäßig, „flächenhaft“ und brachten weniger die feine Differenzierung der Musik Mozarts zum Ausdruck. Angenehm zurückhaltend und doch sehr gut vernehmbar und den Gesamteindruck wirkungsvoll unterstreichend, wirkten die Instrumental-Soli und vor allem die Pauke, die einfühlsam gute Akzente setzte.

 Trotz mancher Einschränkungen verfehlte die Aufführung ihre Wirkung nicht. Für die Dresdner war diese Interpretation vielleicht eine ungewohnte Sicht auf Mozarts Auseinandersetzung mit den letzten Dingen des Lebens. Trotzdem konnte sich wohl niemand der Wirkung dieses Requiems entziehen. Die vielen auswärtigen Besucher waren tief beeindruckt, auch als im Anschluss an das Konzert Dirigent, Solisten, Chor und Orchester traditionsgemäß lange stehend in ehrendem Gedenken verharrten und dann den Raum schweigend verließen.

 Ingrid Gerk

 

 

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