Online Merker Logo

Die internationale Kulturplattform

DRESDEN/ Semperoper: LE NOZZE DI FIGARO

17.09.2015 | Allgemein, Oper

Dresden / Semperoper: „LE NOZZE DI FIGARO“   15. 9. 2015        (Pr. 20.6.2015)

1920_Figaro
Foto: Matthias Creutziger

Mit Beginn der neuen Saison steht „Le nozze di Figaro“, die letzte Neuinszenierung vor der Sommerpause mit ihrer „Zeitreise“ von der Commedia dell’arte bis ins Heute (Johannes Erath) und den sehr gewöhnungsbedürftigen Bühnenbildern (Katrin Connan) und Kostümen (Birit Wentsch) (vgl. „Der Neue Merker“ – online: Premiere – 20.6.2015) mit alternierenden Besetzungen wieder auf dem Spielplan der Semperoper.

Die musikalische Leitung lag dieses Mal in den Händen von Rainer Mühlbach, der zusammen mit den Musikern der Sächsischen Staatskapelle Dresden für ein nicht nur sicheres, sondern auch sehr klangschönes, sehr gut gestaltetes Fundament der Aufführung sorgte und der Musik W. A. Mozarts wieder zu dem ihr gebührenden Platz verhalf. Zurzeit dirigiert er als Rheinopern-Kapellmeister in Duisburg viel Mozart („Figaros Hochzeit“, „Don Giovanni“ und „Lucio-Silla“).  Einst Solorepetitor mit Dirigierverpflichtung an der Semperoper, kehrt er auch jetzt als international gefragter Dirigent immer wieder gern nach Dresden, seiner Geburtsstadt, zurück. Zuletzt übernahm er in der Saison 2014 / 15 die musikalische Leitung von „Fidelio“.

Im Gegensatz zu Omer Meir Wellber, der die bisherigen Aufführungen leitete und die Rezitative am Cembalo, Hammerklavier und Bandoneon begleitete – eine Sitte, wie sie in der Barockzeit üblich war und den bekannten Streit zwischen G. F. Händel und J. Mattheson auslöste -, beschränkte sich Mühlbach zweckmäßigerweise aufs Dirigieren, überließ Cembalo und Hammerklavier jemand anderem und verzichtete ganz aufs Bandoneon oder Akkordeon, was der Musik und damit der Aufführung sehr zugute kam, einen sehr schönen geschlossenen musikalischen Gesamteindruck hinterließ und die Gesangsleistungen der Solisten unterstrich.

Die beiden besten gesanglichen und darstellerischen Leistungen kamen vom Grafenpaar, das in dieser Oper schon seinem Stand nach „tonangebend“ ist, aber auch den „Löwenanteil“ der große Arien zu singen hat.

Erwartungsgemäß brillierte Ute Selbig mit ihrer schönen, strahlenden Stimme und all ihren gesanglichen und darstellerischen Vorzügen als edle Contessa d’Almaviva mit dem menschlichen Herzen. Allein, wie die beiden großen Arien von ihr gesungen wurden, in denen sie ihrem Seelenschmerz Ausdruck verleiht und bei denen sie auch noch Kapazität für schöne Verzierungen ganz im Sinne der Mozart-Zeit hatte, waren bewundernswert. Sie wurden zum Glanzpunkt der Aufführung, und sie verlieh auch den Ensembleszenen, in denen sie mitsang, mit Fingerspitzengefühl viel Glanz und Ausdruckskraft. Im Rahmen der inszenatorischen Möglichkeiten spielte sie sehr glaubhaft und ließ diese Operngestalt trotz allem zu einer Persönlichkeit werden.

Ein entsprechender Gegenspieler war Christoph Pohl als Graf d’Almaviva, der mit kraftvoller Stimme, einer großen Ausdrucksskala und ohne Hürden den gräflichen Machtanspruch und entsprechende Dominanz zum Ausdruck brachte. Er war ein Graf mit guter Stimme und Profil, der auch aus künstlerischer Sicht die maßgebende Person war, was man von seinem Widersacher Figaro, gesungen von Evan Hughes, seit dieser Spielzeit Ensemblemitglied der Semperoper, noch nicht ausschließlich sagen konnte.

Hughes hatte es bei den, von der Regie geforderten, sportlichen Aktivitäten nicht leicht. Er sang mit guter Stimme und guter Diktion, aber noch etwas zurückhaltend, wobei sich auch die „Guckkasten-Bühne“ im 1. Akt als nicht gerade akustisch vorteilhaft erwies. Noch etwas zurückhaltend war auch sein Spiel, aber er dürfte auf einem guten Weg sein, auch wenn er noch nicht die entsprechende „Durchschlagskraft“ und Aufmüpfigkeit aufwies, die man von dieser Titelgestalt erwartet.

Ein reizendes Susannchen war Elena Gorshunova mit ihrer schönen, klangvollen Stimme und lebhaftem Spiel entsprechend der Regie, die die bisherigen Seh- und Hörgewohnheiten „auf den Kopf stellt“.

Keinen rokokohaft tändelnden, ewig verliebten Cherubino, sondern einen jugendlichen, auch ein wenig „männlichen“ und durchaus glaubhaften, wenn auch wenig erotischen Cherubino stellte Christina Bock mit ihrer schlank geführten, kräftigen Mezzosopran-Stimme und etwas spröden Bewegungen auf die Bühne. Ihre gute schnörkellose Stimme mit leicht „maskulinem Touch“ passte durchaus zu der etwas anderen als gewohnten Erscheinung dieses „jugendlichen Helden“.

Als etwas „füllige“ Barbarina, aber gesanglich gut, gestaltete Menna Cazel vom Jungen Ensemble ihre Rolle.

Als Intriganten- und später ältliches Brautpaar Marcelline und Dr. Bartolo fungierten in gewohnter Weise Karin Lovelius und Matthias Henneberg.

Nicht gerade auffällig sangen und spielten Aaron Pegram als Don Basilio, Timothy Oliver als Don Curzio und Julian Arsenault als Gärtner Antonio. Letzterer fiel mehr durch seinen übertriebenen, ungeschickten „Hofknicks“ auf, mit dem er den ramponierten Blumentopf an den Grafen übergab.

Als „Due Donne konnten sich Beate Apitz und Heike Liebmann sehen bzw. hören lassen. Sie sind beide Mitglieder des Sächsischen Staatsopernchores, der in entsprechender Besetzung seine Aufgaben unter Cornelius Volke erfüllte.

Am Ende siegte – wie so oft an der Semperoper – die Musik, vor allem wenn sie so liebevoll, klangschön, gut abgestimmt und emotionsreich unter stilsicherem Dirigat von der Sächsischen Staatskapelle Dresden gespielt wird und sich einige Sängerinnen und Sänger mit ihrem Können auf hohem Niveau einbringen.

Ingrid Gerk

 

Diese Seite drucken