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DRESDEN/ Semperoper: LA CENERENTOLA – Wiederaufnahme

16.04.2013 | KRITIKEN, Oper

Dresden / Semperoper: “LA CENERENTOLA“ – Wiederaufnahme 15. 4. 2013


Foto: Matthias Creutziger

 Nach langer Pause ist nun Steffen Pionteks Inszenierung (Pr. 1992) von Gioachino Rossinis “La Cenerentola/Aschenputtel“ wieder im Spielplan. Durch kleine Anpassungen wirken Inszenierung und Regie jetzt noch „flüssiger“, lebendiger und keineswegs verstaubt. Das Bühnenbild von Martin Rupprecht, der auch die sehr farbenfreudigen Kostüme entwarf, belebt durch Drehungen und Verschiebungen der Handlungsorte auf offener Bühne den Szenenablauf zwischen märchenhaft, modern und Glanz und Glamour und sorgt für eine lebendige, mitreißende Aufführung. Das „Schloss“ ist vielsagend ein „goldener Käfig“. Natürlich dürfen auch pyrotechnische Einlagen und das bei Rossini schon fast obligatorische Gewitter mit lautstarkem „Theaterdonner“ nicht fehlen.

 Was aber besonders wichtig ist, bei der nunmehr 92. Vorstellung als Wiederaufnahme gab es einige besonders gute Sängerleistungen.

 Die Mezzosopranistin Barbara Senator passte in jeder Beziehung in die Rolle der Angelina (Cenerentola), jung, hübsch und mit Spieltalent. Zwischen sensibel und zuweilen auch ein wenig „aufmüpfig“ unterstrich sie, was sie mit ihrer schönen, klangvollen Stimme schon ausdrückte. Mit reinen Koloraturen, guter Kondition und Einfühlungsvermögen steigerte sie sich bis zum Schluss immer weiter, immer schöner in der Höhe und immer klangvoller – eine beachtliche Leistung, die aufhorchen ließ.

 Ihr zur Seite stand der sich als Diener verkleidender Prinz von Salerno, Don Ramiro, dem Maxim Mironow seinen kraftvollen Belcanto-Tenor lieh und in echt italienischer Manier die erwarteten Höhepunkte mit allen Spitzentönen setzte.

 Die beiden Protagonisten hatten den Hautanteil am Gelingen des Abends, der alle Erwartungen erfüllte und nicht so schnell vergessen werden dürfte, aber die beiden in Dresden sehr beliebten Ensemblemitglieder Roxana Incontrera und Angela Liebold als die beiden Stiefschwestern Clorinda und Tisbe „umrahmten“ diese Leistungen in stimmiger Weise. Sie sangen und spielten ihre Rollen mit echtem „Theaterblut“. Roxana Incontrera, an der Semperoper die unvergessene Königin der Nacht, war sehr gut bei Stimme und beeindruckte mit ihrer sehr klaren, schönen Höhe. Sie setzte kleine Extra-Höhepunkte.

 In den Duetten harmonierten die beiden Stimmen auf besondere Weise. Gesang und Spiel der beiden Sängerinnen gingen ineinander über. Bei ihren „Streitszenen“ ergänzten sie sich gegenseitig in idealer Weise mit Zänkereien und anschließendem wieder Versöhnen gegen den gemeinsamen „Feind“. Sie waren voll aufeinander eingespielt und „eingesungen“. Wenn sie nicht mehr unmittelbar im Blickpunkt der Handlung standen, spielten sie im Hintergrund dezent, aber kontinuierlich ihre Rollen weiter und umrahmten in bester Weise die Protagonisten, und wenn sie – wie beim ausgelassenen Finale – nur leise mit ihren Krinolinen im Takt der Musik wippten. Solche Feinheiten und kleinen „Nebenaktivitäten“ tragen wesentlich zu einer sehr lebendigen, mitreißenden Aufführung bei.

 Beider „Vater“, Don Magnifico war bei Michael Eder in guten Händen. Er wirkte komisch, ohne zu übertreiben. Mit seiner dunklen, profunden Stimme und der immer wieder beeindruckenden, mühelosen, dazu noch wohlklingenden Tiefe war er ein „würdiger“, wenn auch “leicht heruntergekommener“, Baron von Montefiascone in seinem zerfallenden Palast, der die Chance für einen neuerlichen „Aufstieg“ gekommen sah.

 Keine sehr große, aber im Ablauf der Handlung nicht unwichtige Rolle hatte Ugo Guagliardo als Alidoro, Philosoph und Erzieher des Prinzen, der eigentlich „die Fäden in der Hand“ halten sollte“, aber er blieb relativ farblos, auch als verkleideter Bettler oder wenn er dem Baron „aufs Dach steigt“ oder erst in der linken, dann in der rechten Proszeniumsloge erscheint.

 Mit legerem Spiel, das zum Kammerdiener Dandini in seiner prinzlichen Verkleidung gut passte, aber wenig tragfähiger Stimme, bei der man schon – bis auf eine gelungen Passage – sehr gespannt aufmerken musste, um zu hören, was er eigentlich singt, konnte Allen Boxer (Junges Ensemble) nur wenig punkten.

 Sehr viel zum Gelingen der Aufführung trug Henrik Nánási am Pult des während der USA-Tournee daheimgebliebenen“ Teils der Sächsischen Staatskapelle Dresden bei. Er hatte das richtige Tempo, das die Oper – wie alle Rossini-Opern – witzig spritzig, wie in einem eleganten Wirbel ablaufen ließ. Die Sängerinnen und Sänger und auch die Herren des Sächsischen Staatsopernchores Dresden (Einstudierung: Christof Bauer) hielten mit und ließen sich davon inspirieren.

 Es gab sehr gut abgestimmte Ensembleszenen, die in letzter Zeit schon selten geworden sind. Resümee: Es hat sich vieles gelohnt: der Abend, die Wiederaufnahme und das Engagement einiger Sängerinnen und Sänger, deren Namen man sich einprägen sollte.

 Ingrid Gerk

 

 

 

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