Dresden Semperoper: “DIE ZAUBERFLÖTE“ MIT WOOKYUNG KIM – 1.7. 2012
Wenn auch immer wieder Kleinigkeiten an Achim Freyers simpel-lustiger „Zauberflöten“-Inszenierung ohne weiteren „Tiefgang“ verändert werden, manche Nebensächlichkeit weggelassen und manch neuer „Gag“ hinzugefügt wird, bleibt doch der naive Charakter dieser Inszenierung bestehen. Bei der szenischen Neuinszenierung von Henryk Müller scheint die Handlung „gerafft“. Es kommen ein paar Lacher mehr vom Publikum. Das Ganze ist kurzweilig und unterhaltsam, aber der eigentliche Gehalt bleibt weiterhin verborgen. Die Musik allein vermag der Oper ihre „Größe“ und den Grund, warum sie immer wieder auf den Spielplänen der Opernhäuser und in der Publikumsgunst ganz oben steht, zu erklären.
Diesbezüglich gebührt der Sächsischen Staatskapelle Dresden unter der Leitung von Stefan Klingele allerhöchstes Lob. Sie unterstützte nicht nur sehr einfühlsam alle Sängerinnen und Sänger, sondern machte kontinuierlich den Abend zu einem schönen Erlebnis. Ohne die Zurücknahme des Orchesters wäre von mancher Stimme wohl wesentlich weniger zu hören gewesen. So konnte man alle Sänger „voll aussingen“ hören, was auch der Textverständlichkeit zugutekam. Die phantastisch spielende Staatskapelle unterstützte die Sänger in jeder Beziehung, auch hinsichtlich der Zeitmaße.
Keine Probleme mit Orchestern dürfte Wookyung Kim jemals haben. Mit seinem großen Können und internationalen Erfahrungen kann er in jeder seiner Rollen begeistern. Er verfügt über die entsprechende Kondition und Überlegenheit, versteht gut zu gestalten und hat vor allem Stimme. Er ist eine großartige Künstlerpersönlichkeit. Der Tamino dürfte eine seiner ganz speziellen Rollen sein, bei der er auch diesmal seine sängerische und darstellerische Extraklasse bestätigte. Bereits bei den ersten Takten ließ er aufhorchen und faszinierte bis zum Schluss. Immer wieder kann man über seine deutliche Aussprache nur staunen und darüber, wie er sich in jede Rolle vertieft, um sie adäquat zu verkörpern. Es war wieder einmal ein Tamino von Format.
Als Königin der Nacht war Cornelia Götz für Anna Siminska eingesprungen. Sie war keine besonders dominante nächtliche Königin, bewältigte aber die beiden Arien und die anspruchsvollen Koloraturen mit zwar zarter, aber heller, klarer Stimme. Carolina Ullrich setzte als ihre Tochter Pamina ihre gut klingende Stimme ein, und Michael Eder verfügte als Sarastro über die nötige Tiefe.
Wegen der unterschiedlichen Größenverhältnisse optisch nicht so ganz, stimmlich aber umso mehr waren Christoph Pohl als Papageno und Valda Wilson als Papagena ein klangschönes Paar. Ihr sehr harmonisches Duett wurde zum perfekten Hörgenuss – zwei sehr schöne Stimmen im „Gleichklang“, gemeinsam in spielerischer Freude. Pohl steigerte sich während des Abends immer mehr in seine Papageno-Rolle hinein und wurde auch im Spiel immer freier und gelöster. Valda Wilson singt in dieser Inszenierung sowohl Pamina als auch Papagena – ganz nach Bedarf, aber immer mit hundertprozentigem Engagement und dem Einsatz ihrer außergewöhnlich schönen Stimme.
Die 3 Damen der Königin der Nacht: Roxana Incontrera, Angela Liebold und Christa Mayer fanden in gut abgestimmten Ensembleszenen zu schönem Miteinander.
Simeon Esper (Monostatos), Jeremy Bowes (1. Priester) und Timothy Oliver (2. Priester) wurden ihren Aufgaben durchaus gerecht. Nur von den beiden Geharnischten Mert Süngü und Allen Boxer (beide Junges Ensemble) war stellenweise nicht viel zu hören.
Die 3 Knaben werden alternierend von 3 Kapellknaben (Knabenchor der Kathedrale) bzw. 3 Knaben des Dresdner Kreuzchores gesungen. Die 3 Kruzianer sangen an diesem Abend recht sicher, mit schönen Stimmen und gut aufeinander abgestimmt.
Der Staatsopernchor (Einstudierung: Pablo Assante) sang als Männerchor auf der Bühne (Sarastros Gefolge) und als gemischter Chor hinter der Bühne in sehr schöner, differenzierter Abstimmung und konform mit dem Orchester. Er bildete eine ideale Ergänzung und den schönen Abschluss des Opernabends, bei dem die Hauptimpulse vom Orchester ausgingen, das, abgesehen von der guten Arienbegleitung, die Ensembleszenen zu einem Glückfall machte.
Ingrid Gerk