Dresden / Semperoper: 8. SYMPHONIEKONZERT DER SÄCHSISCHEN STAATSKAPELLE DRESDEN – 9.3.2013
Das 8. Symphoniekonzert der Sächsischen Staatskapelle Dresden stand ganz im Zeichen zweier, in Dresden sehr gern gesehener und äußerst beliebter
Gäste. Beide sind in Dresden in bester Erinnerung: der britische, weltweit gefragte Dirigent Donald Runnicles seit seinem Einstand bei der Kapelle 1996 mit einem reinen Wagner-Programm, seinem Dirigat des Mozart-Sonderkonzertes 2005 und seinem Operndirigat von „Tristan und Isolde“ 2009 und der Ausnahme-Pianist Emanuel Ax, der 2003 erstmalig bei der Sächsischen Staatskapelle auftrat und 2005 mit ihr auf USA-Tournee und 2009 auf eine Tournee nach Wien, Hongkong, Shanghai und Seoul ging.
Bei L. v. Beethovens „Konzert für Klavier und Orchester Nr. 4 G‑Dur op. 58“ erreichten alle Beteiligten, Pianist, Dirigent und Orchester, ein Höchstmaß an geistiger Übereinstimmung. Sie gestalteten Beethovens Vermächtnis gemeinsam, mit äußerster Intensität, ergänzten und inspirierten sich gegenseitig und ließen so
die Aufführung zu einem erlesenen musikalischen und geistigen Genuss werden.
Bereits in den ersten Minuten war man gefangen von dem technisch perfekten und durchgeistigten Klavierspiel, das in gleichem Atem vom Orchester mitgetragen wurde. Das herzhaft-kernige, und doch auch wieder so feinsinnige Spiel von Ax ließ Beethovens Wesensart wie selbstverständlich erkennen. Allein seine Anschlagskultur mit den „perlenden“ Läufen und „lockeren“ Trillern, die leider bei der jüngeren Pianisten-Generation langsam verloren zu gehen scheint, und sein sehr klares, von Verstand und musikalischem Gefühl getragenes Spiel wurden zu einem musikalischen und geistigen Genuss der besonderen Art. Nichts war vordergründig, übertrieben oder „effekthaschend“. Alles wurde wie selbstverständlich, im genau richtigen Maß bis zu den folgerichtigen großen und kleinen Höhepunkten herausgearbeitet und teilte sich den aufmerksam Zuhörenden unmittelbar mit.
Für den euphorischen und überaus herzlichen Beifall und Bravo-Ruf bedankte sich Ax mit einem ebenso brillant gespielten Sonatensatz.
„Eingebettet“ wurde Beethovens Klavierkonzert in zwei sehr unterschiedliche Werke Edward Elgars, die einschmeichelnde „Serenade für Streichorchester e‑Moll“ op. 20 und die „Variationen über ein eigenes Thema“ op. 36, die „Enigma-Variationen“, wo er seine Frau und seinen Bekanntenkreis „aufs Korn“ und „auf die Schippe“ nimmt.
Gleich mit den ersten Takten der einschmeichelnden „Serenade für Streichorchester“ wurde das Publikum in äußerst angenehme Stimmung versetzt. Unter Runnicles Leitung musizierte die Kapelle jede Feinheit klangschön aus, wurden die einzelnen Linien und Stimmen, besonders im Mittelsatz, mit verhaltener Leidenschaft liebevoll nachgezeichnet – eine Wiedergabe auf sehr hohem Niveau, klangschwelgerisch und mit den feinsten Nuancen und dem der Kapelle eigenen Hauch an Frische und Klarheit, romantisch im besten Sinne, sehr diszipliniert und ohne etwa in rein „süßes“ Schwelgen auszuarten.
Bei den 14 „Enigma-Variationen“ in großer Orchesterbesetzung gab es dem Charakter des Werkes entsprechend, „stürmisch aufgewühlte“ und auch wieder sehr viel feinere, verhaltene und auch humorvolle Passagen, alles mit sehr großer Klarheit der melodischen Linien und mit schönen Instrumentalsoli ausgeführt, wobei neben den guten Bläsern vor allem die Soli der Celli und der bravourösen Bratsche auffielen. Die Pauke wirkte nie vordergründig derb, sondern unterstrich immer „wohldosiert“, durchdacht und ausbalanciert den wunderbaren Orchesterklang, wohingegen sich das Schlagzeug beinahe verselbständigt abhob und eine Idee zu hart an einigen Stellen die sonst so einhellige Harmonie beeinträchtigte.
Es dürfte nicht zu viel behauptet sein, dass die Konzerte der Sächsischen Staatskapelle gegenwärtig immer zu einem besonderen musikalischen Höhepunkt werden und immer etwas ganz Besonderes an Programmgestaltung und Interpretation bieten, jedes Konzert mit seinem eigenen, spezifischen Charakter.
Ingrid Gerk