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DRESDEN/ Semperoper:   „3. KAMMERABEND“ DER SÄCHSISCHEN STAATSKAPELLE DRESDEN – KLASSISCH UND MODERN

Dresden/Semperoper:  „3. KAMMERABEND“ DER SÄCHSISCHEN STAATSKAPELLE DRESDEN – KLASSISCH UND MODERN – 7.12.2023

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Foto: Killing

Die „Kammerabende“ der Sächsischen Staatskapelle erfreuen sich zurzeit größter Beliebtheit, so dass die Semperoper immer bis in den obersten Rang ausverkauft ist. Sie bieten oft Überraschungen und vor allem hohe Qualität. Hier bestätigt sich, dass die Kammermusik zu den edelsten Kunstgattungen gehört und jetzt auch langsam wieder aus ihrem Schattendasein heraustritt. Werke wie das „Geistertrio“ von Ludwig van Beethoven oder seine „Hornsonate“ verdienen nicht, nur im Archiv sorgfältig gehegt zu werden, sie begeistern beim Hören – auch jugendliche Zuhörer. Andererseits werden die Besucher auch mit Werken vergessener oder gegenwärtiger Komponisten bekannt gemacht. Interessant sind oft die ungewöhnlichen Besetzungen und ihre erstaunlichen Klangwirkungen.

Zunächst wurde im 3. Kammerabend ein „Sextett Es‑Dur für Englischhorn, Fagott, Violine, Viola, Violoncello und Kontrabass“ von Luigi Gatti aufgeführt. Wer denkt da nicht gleich an den designierten Chefdirigenten der Kapelle, aber hier handelt es sich um einen Vertreter der Klassik, einen italienischen Komponisten (1740-1817), der in Salzburg wirkte und mit Familie Mozart in freundschaftlicher Verbindung stand, obwohl ihm Vater Leopold nicht mehr sehr geneigt war, als er die Stelle des (letzten) Salzburger Fürsterzbischöflichen Hofkapellmeisters bekam, auf die er auch reflektiert hatte.

Mit sehr feinem piano begannen die sechs Musiker der Kapelle unter Konzertmeister Robert Lis und musizierten ausgewogen, in sich geschlossen, mit schönem Klang das im besten Sinne schöngeistig unterhaltsame fünfsätzige Sextett mit viel Einfühlungsvermögen und Stilgefühl, so wie sie Mozart gespielt hätten, wobei die Nähe zu Mozart oft deutlich wurde und manches Detail auf ihn zurückzugehen schien, was damals keineswegs ein Plagiat, sondern eine Ehre für den Urheber bedeutete. Streicher- und Bläserklang mischten sich harmonisch. Mit ihrer Wiedergabe verliehen die Musiker den klanglichen Schönheiten Ausdruck und veredelten das Stück noch zusätzlich. Es entstand ein für die Salzburger Klassik typisches Klangbild, und doch wurde unterschwellig deutlich, welch ein Genie Mozart im Vergleich war!

Ein sehr bekannter Vertreter der Klassik war auch Ludwig van Beethoven, weniger bekannt allerdings seine „Hornsonate F Dur“ (op. 17) mit Klavier, eines seiner frühen Werke, das er im Jahr 1800 für einen hoch angesehenen Hornisten in sehr kurzer Zeit geschrieben haben soll. Zoltán Mácsai, einer der Hornisten der Sächsischen Staatskapelle, begann, am Klavier von Michael Schöch begleitet, forsch mit dem Hornruf, der die Sonate mit ihrem feierlich-heiteren Charakter, mit dem eine Art Trauermarsch im Mittelsatz kontrastiert, fanfarenartig eröffnet. Er musizierte sehr sauber, flüssig und technisch perfekt, vor allem auf den virtuosen Charakter orientiert. Es war ein Gewinn, diese Sonate kennenzulernen.

Eine ganz andere Farbe brachte „Tria ex uno“, ein Werk zwischen Klang und Innovation des derzeitigen Capell Compositeurs der Staatskapelle, Georg Friedrich Haas (*1953) ins Programm. 2001 entstanden, orientiert er sich darin auf das Grundmotiv einer Messe („Missa L’homme armé super voces musicales“) des Renaissance-Komponisten Josquin Desprez, das sehr klangschön vorgestellt wurde. Mit ungewöhnlicher Instrumentierung, einer Mischung aus herkömmlichen Instrumenten wie Violine, Violoncello, Klavier, Flöte usw. sowie Xylophon, Pauke, Schlagwerk usw. erzeugten sechs Musiker, die mitunter auch verschiedene Instrumente bedienten, gewohnte und moderne Klänge, rhythmisch orientiert und auch leicht hämmernd, mit denen Haas das Ausgangsmaterial sukzessive variiert und verarbeitet, bis allmählich im 3. Satz immer konsequenter aus dem historischen Vorbild eine eigenständige Neukomposition mit Mikrotonalität und Obertonharmonien entsteht und damit eine Brücke aus der Gegenwart zurück zu den Anfängen der europäischen Kunstmusik geschlagen wird.

Zurück ins 19./20. Jahrhundert zu Ludwig van Beethoven führte danach sein „Trio D-Dur“ (op. 70) für Klavier, Violine und Violoncello, das „Geistertrio“, das seinen Namen den dunklen, teilweise schauerlich-schönen Klangsphären im langsamen Mittelsatz („Largo assai ed espressivo“) verdankt. Susanne Branny, Violine, und Titus Maack, Violoncello, wurden am Klavier von Nikolaus Branny begleitet, der trotz seiner Jugend mit erstaunlichem Einfühlungsvermögen den Klavierpart flüssig und prägend mit musikalischem Empfinden als verbindendes Element gestaltete. Besonders im dritten Satz  ergänzten sich die drei Instrumente und verbanden sich im Zusammenspiel zu schöner Harmonie.

Dieser Kammerabend brachte viel Schönes, Neues und Interessantes. Leider können an dieser Stelle nicht alle Musikerinnen und Musiker namentlich genannt werden, obwohl jeder zum Gelingen der vier Kompositionen mit ganzem Einsatz beitrug.

Ingrid Gerk

 

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