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DRESDEN/ Schöosskapelle im Residenzhof: AUSSERORDENTLICHER KAMMERABEND DER SÄCHSISCHEN STAATSKAPELLE:

Dresden / Schlosskapelle im Residenzschloss: AUSSERORDENTLICHER KAMMERABEND DER SÄCHSISCHEN STAATSKAPELLE DRESDEN 29.5.2014

Unbenannt
Schlosskapelle. Foto: Matthias Creutziger

 Zu ihren Wurzeln kehrte die Sächsische Staatskapelle Dresden mit einem Außerordentlichen Kammerabend zurück, in die Schlosskapelle des Dresdner Residenzschlosses, wo sie kurz nach ihrer Gründung 1548 einzog und im Zusammenwirken mit Hofkapellmeister Heinrich Schütz, dem „Vater der Kapelle“ und der deutschen Musik diesen Ort (1615 bis 1665) zu einem zentralen Punkt der europäischen Musikgeschichte werden ließ. Heinrich Schütz verdankt die Kapelle ihr ununterbrochenes Bestehen, auch über die schwierige Zeit des Dreißigjährigen Krieges hinweg.

 Anfang des 18. Jahrhunderts musste die Kapelle den Ort jedoch verlassen. Als Kurfürst Friedrich August I. von Sachsen (der Starke) König August II. von Polen wurde und in Baden bei Wien zum Katholizismus konvertierte, verlor die Schlosskapelle an Bedeutung, wurde später teilweise abgerissen und anderweitig genutzt und im Zweiten Weltkrieg völlig zerstört. Schon im 19. Jh. gab es Bestrebungen, die Tradition dieses authentischen Raumes, der so viel Bedeutung für die Entwicklung der europäischen Musik hat, zu erhalten.

Bereits vor dem Fall der innerdeutschen Mauer wurde mit der sehr aufwändigen Rekonstruktion begonnen, um das alte Zentrum der deutschen Musik wieder in möglichst originaler Form erstehen zu lassen. Um diesen so bedeutsamen Ort auch wieder mit musikalischem Leben zu erfüllen, fanden die ersten Konzerte bereits zwischen den Baugerüsten statt. Jetzt zeichnet sich – trotz immer noch währendem Bauzustand – bereits die endgültige Fertigstellung dieses auch architektonisch eindrucksvollen Raumes mit seinem dekorativen Schlingenrippengewölbe ab.

 Vier, auch in der Kammermusik sehr bewährte und erfahrende, Musiker bzw. Musikerin der Sächsischen Staatskapelle (Violinen und Violo d‘amore, Violoncello und Kontrabass) hatten sich mit drei Gästen (Traversflöte, Viola und Cembalo) zu einem sehr eindrucksvollen Kammerabend zusammengefunden, um gemeinsam in kleiner, aber feiner Besetzung auf Barockinstrumenten und in alter Musizierpraxis Werke von Komponisten der Barockzeit aufzuführen, die in irgendeiner Weise in Beziehung zu dieser Schlosskapelle oder der damaligen Hofkapelle standen.

 Mit sehr viel Gespür für den alten Musizierstil wurden von G. P. Telemann das „Concerto d‑Moll für Streicher“ (TWV 43:d2), von J. S. Bach „Ricercare a 3 für Cembalo solo“, mit Holger Gehring, dem Organisten der Dresdner Kreuzkirche, am Cembalo, und die „Triosonate für Traversflöte, Violine und Basso continuo (B. c.)“ aus dem „Musikalischen Opfer“ (BWV 1079) sowie die zweisätzige „Sonate da chiesa c‑Moll für Streicher“ von Johann Georg Pisendel (1687-1755), dem damals legendären Konzertmeister und Geiger der Hofkapelle, der jetzt berechtigterweise immer mehr in den Fokus der Alten-Musik-Szene rückt, in einem kongenialen Zusammenwirken aufgeführt. Das Concerto von Telemann und die Sonate von Pisendel gehörten nachweislich schon damals zum Repertoire der einstigen Hofkapelle. Das Cembalo ist eine originalgetreue Nachbildung des Cembalos von J. H. Gräbner d. J. (im Schloss Pillnitz), das J. A. Hasse vermutlich für seine Aufführungen am Dresdner Hof genutzt hat und dass mit einer Länger von 2,75 m fast die Ausmaße eines heutigen Konzertflügels hat. – Historisches soweit man sehen und hören konnte und womit sich so mancher Kreis schloss.

Besonders bei Pisendel spürte man, dass die Musiker eines Sinnes musizierten, ganz in die musikalische Welt der damaligen Zeit versunken, so dass Zeit, Raum und Musik zu einer Einheit verschmolzen und zu einer glücklichen Begegnung der Baukunst, der Werke großartiger Komponisten der Vergangenheit und ihrer einfühlsamen, stilgerechten Interpretation wurden.

 Zu einem besonderen Höhepunkt gestaltete sich die Kantate für Sopran, Viola d’amore und B. c.Pur al fin gentil Viola“ von Attilo Ariosti (1666 – 1729), wo sich die sehr schöne, beseelte, wunderbar geschmeidige und klare, in seltener Weise immer wieder berührende Sopranstimme der australischen Sopranistin Valda Wilson, zu den Instrumenten gesellte und förmlich aus ihnen „herauswuchs“. Die fünfsätzige Kantate „Non sa che sia dolore“ von J. S. Bach, ein spätes Gelegenheitswerk (1746) in italienischer Sprache mit Sopranstimme und Traversflöte (Angelika Fritzsching) als korrespondierende Solo-“Instrumente“ und den als B. c. begleitenden Instrumenten kulminierte zum glanzvollen Höhepunkt und Abschluss dieses besonderen Abends in seltener Atmosphäre für historisch Interessierte und musikalisch sehr Anspruchsvolle.

 Bei dieser äußerst stilvollen und man möchte sagen „authentischen“ Wiedergabe hatte man plötzlich eine Vorstellung von den Eindrücken der damaligen Zeitgenossen, die in Berichten und Gedichten über die Maßen von diesen musikalischen Ereignissen schwärmten. Man war geneigt, es ihnen gleichzutun.

 Ingrid Gerk

 

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