Dresden/Palais im Großen Garten: „JUBILÄUMSKONZERT“ ZUM ZWANZIGJÄHRIGEN BESTEHEN DER DRESDNER KAPELLSOLISTEN – 27.9.2014
Die Dresdner Kapellsolisten, ein Ensemble, vorwiegend aus Mitgliedern der Sächsischen Staatskapelle Dresden, dessen guter Ruf einer mitreißenden Interpretation voll Leidenschaft, Fachkenntnis und Musikalität sich seit seiner Gründung im Jahre 1994 sehr schnell verbreitete und zu einer regen Konzerttätigkeit in allen wichtigen Musikzentren Deutschlands sowie Süd- und Osteuropas, aber auch in Japan und Südkorea führte, ist 20 Jahre alt geworden und in seiner vitalen Musizierweise, mit der die Musiker das barocke, klassische und romantische Musikerbe – auch vernachlässigte oder völlig vergessene Werke – epochengetreu und in der Auseinandersetzung mit neuen Erkenntnissen der Stil- und Aufführungspraxis, zu Gehör bringen, immer wieder jung und frisch.
Die Instrumentalisten, von denen jeder sein Wissen einbringen kann und auch als Solist gefordert ist, haben sich zum Ziel gesetzt, in die Geisteshaltung der Entstehungszeit einzudringen und möglichst auch die der Komponisten und ihrer Werke zu erfassen, um sie in einer facettenreichen Interpretation und klanglicher Schönheit wiederzugeben und auch feinste Details zu beleuchten. Da sie auf modernen Instrumenten spielen, sind sie der beste Beweis dafür, dass es nicht unbedingt auf die Instrumente, sondern auf Wissen, musikalisches Empfinden und Können ankommt.
Unter der Leitung ihres Mitbegründers und „Primus inter pares“, der „nebenbei“ auch Kontrabassist der Sächsischen Staatskapelle ist, feierte das Ensembles in seinem, von den Musikliebhabern sehr begehrten, „Jubiläumskonzert“ sein 20jähriges Bestehen und machte seinem besonderen Ruf wieder alle Ehre.
Exzellent (ohne zu übertreiben), mit feinster Klangdifferenzierung, dynamisch, und mit ausgefeilter Klangnuancierung eröffneten die Dresdner Kapellsolisten mit der „Sinfonie Nr. 43 Es‑Dur (Hob. I3) „Merkur“ von Joseph Haydn einen Reigen „himmlischer“ Klangschönheit, der über Jan Dismas Zelenka, den lange vernachlässigten genialen böhmischen Komponisten am Dresdner Hof, bis zu Ludwig van Beethoven reichte.
Susanne Branny, die 1. Konzertmeisterin des Ensembles bestach als führende 1. Violine durch besonders schöne Tongebung, Engagement und Werkverständnis nicht nur bei „Haydn vom Feinsten“, sondern auch bei der ebenso dynamisch im besten Sinne dargebotenen „Sinfonia a otto a‑Moll (Z189) von Zelenka. Die 1. und 2. Violine korrespondierten hier mit der gleichen Musizierfreude und Integrität wie die Solo-Oboe mit dem Fagott, ergänzt durch ein kongeniales Zusammenspiel aller Instrumente, bei denen auch eine schöne Cellopassage nicht fehlte und die sprichwörtlich guten Bläser der Staatskapelle mit ihren feinen Nuancierungen bestachen, wo die einzelnen Stimmen in echt barocker Art gegen- und miteinander, bestens aufeinander eingestimmt und eingespielt, geführt wurden und das gesamte Orchester eines Sinnes, wie „ein Herz und eine Seele“ musizierte.
Wie Zelenkas Nachfolger wirkt der junge böhmische Musiker Petr Popelka jetzt, 300 Jahre später, ebenfalls als Böhme in Dresden, als Kontrabassist der Staatskapelle, Dirigent und autodidaktischer Komponist. Er wurde von Helmut Branny zur Komposition seiner „Sinfonia da camera“ als Auftragswerk zum Jubiläum angeregt. Den Kapellsolisten und dem Aufführungsort, dem Palais im Großen Garten, verbunden, schrieb Popelka seine Komposition dem Ensemble „auf den Leib“. In 5 Sätzen mit den netten Titeln „Serenata notturna“, „Sinfonia burlesca“, „Intermezzo di tre Re“, „Scherzo“ und „Ein kleines Lied über einen Garten“ wollte er die vergnüglich-humoristische Seite mit Ernsthaftig- und Zukunftsträchtigkeit verbinden, wobei der letzte Satz der Aufführungsstätte, bei der die Spuren der Zerstörung im Zweiten Weltkrieg noch schmerzlich sichtbar sind, gewidmet ist. Das Werk ist kurz, enthält aber so manche Anlehnung an die musikalische Tradition im „Miniformat“, nicht nur die Leichtigkeit und Kürze der Barockmusik, teils rhythmisch betont, sondern auch den Übergang zur menschlichen Stimme wie in Beethovens „Neunter“, gesungen von Stephanie Atanasov mit guter, sicherer Stimme, aber kaum verständlicher Textbehandlung. Dass sich die Musiker auch diesem Werk mit Akribie widmeten, dürfte schon fast selbstverständlich sein.
Bei Ludwig van Beethovens „Sinfonie Nr. 2 D‑Dur (op. 36) war jeder Ton ein Hörerlebnis. Mit allen musikalischen Tugenden, wie sie der Sächsischen Staatskapelle eigen sind, herrlichen Flötentönen, guten Celli und einfühlsamer guter Pauke vermittelten die Musiker nicht nur einen besonderen Hörgenuss, sondern auch ein „Neuentdecken“ dieser bekannten Sinfonie, da sie alles, was sie spielen auch verinnerlicht haben.
Wünschen wir diesem klangvollen Ensemble, dass es weiterhin mit diesem Enthusiasmus und dieser Musizierfreude im Dienste der Musik und seines selbstgewählten „Auftrages“ viel bewirken kann.
Ingrid Gerk