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DRESDEN/ Frauenkirche: NATALIE CLEIN UND DAS KAMMERORCHESTER DER MAILÄNDER SCALA

Dresden/Frauenkirche: NATALIE CLEIN UND DAS KAMMERORCHESTER DER MAILÄNDER SCALA – 26.7.2014

 Das zweite der insgesamt fünf, für diesen Sommer vorgesehenen, Konzerte der Reihe „Junge Klassik: Stars der neuen Generation“, bei denen sich junge Künstler auf ihrem Weg „nach oben“, vorstellen, brachte die Begegnung mit der temperamentvollen britischen Cellistin Natalie Clein (*1977). Sie ist u. a. Schülerin von Heinrich Schiff und Gewinnerin des „BBC Young Musician of the Year“-Wettbewerbes (1994) und des Warschauer Eurovisions-Wettbewerbes für junge Musiker. Jetzt tritt sie bei zahlreichen Kammermusik-Festivals in aller Welt auf und arbeitet mit namhaften Dirigenten, Sängern, Instrumentalsolisten und Kammerorchestern zusammen. Nach Dresden kam sie mit den Cameristi della Scala, Milano.

 Bei ihrem Spiel durchziehen Temperament und Leidenschaft jeden Takt, den sie auf ihrem Cello, dem „Simpson“ Guadagnini von 1777 spielt. Den Solopart im „Cellokonzert Nr. 1 C‑Dur“ (Hob. VIIb:1) von Joseph Haydn spielte sie mit der ihr eigenen Virtuosität. Sie erlebt und durchlebt die Musik, der sie sich gerade widmet. Wenn sie in schlafwandlerischer Sicherheit alle technischen Klippen meistert, scheint sie eins zu sein mit ihrem Instrument und lässt es „singen“. Mit ihrer besonderen, ganz persönlichen Interpretation zog sie die Zuhörenden in ihren Bann.

 Im Doppelkonzert für 2 Celli von Antonio Vivaldi (anstelle der ursprünglich vorgesehenen „Violoncelles Vibrez!“ von Giovanni Sollima (1962)) erreichten sie und der Cellist des Kammerorchesters, Sandro Laffranchini, eine wunderbare Harmonie und Konformität, die in einem sehr innigen langsamen Satz ihren Höhepunkt fand.

 Mit Vivaldi leiteten die Cameristi della Scala (nur Streicher) auch den Abend ein. Sie waren nicht nur gute Mitgestalter der beiden Solokonzerte. Mit ihrem besonderen musikalischen Timbre, das dieses Kammerorchester so einmalig unter den italienischen Kammerorchestern macht, spielten sie mit ihrem 1. Konzertmeister an der Spitze das Concerto „Per la Santissima Assunzione di Maria Vergine“ D‑Dur (RV 584). Die Musiker verfügen über den samtenen, geschmeidigen und volltönenden Klang der alten, oft gerühmten, Musizierweise. Hier gab es keine „Effekthascherei“, keine Äußerlichkeiten, wie sie sich jetzt immer mehr auf den Konzertpodien breit machen, keine Flüchtigkeiten, die manchem Musikliebhaber die Freude an der Musik nehmen. Diese Musiker spielten mit „Herz und Seele“, ganz der jeweiligen Komposition verpflichtet. Sie haben die Musik verinnerlicht, spielen um der Musik willen, nicht der Show wegen. Die Tempi waren mitunter auch hier ziemlich rasch, aber jeder Ton in seiner Funktion exakt.

 Diese einschmeichelnde Musizierweise mit den faszinierenden Klängen kam auch den „Antiche danze ed arie per liuto, Suite Nr. 3″ von Ottorino Respighi (*1879) sehr entgegen und ließ die Wiedergabe dieses Werkes zu einem besonderen Höhepunkt werden. Der neoklassizistische Personalstil Respighis, der aus seiner Suche und Vorliebe für alte Stile und Formen, aber auch aus den Einflüssen von Rimskij-Korsakow (seinem Lehrer in St. Petersburg, als er an der dortigen italienischen Oper 2 Saisons als Bratscher tätig war) und  Richard Strauss, des französischen Impressionismus und moderner Stilelemente resultiert, verlangt in seiner eigenwilligen Harmonie und neuen unverwechselbaren Klangsprache diesen geschmeidigen Ton und Klangzauber in einer gekonnten „Mischung aus Alt und Neu“.

 Der besondere Klang dieses, 1982 gegründeten Kammerorchesters aus Mitgliedern der legendären Mailänder Scala, das sich neben seinem Repertoire, den Hauptwerken des 18. Jh. bis zur Gegenwart, insbesondere auch unbekannter oder vergessener Werke der Zeit des Risorgimento im 19. Jh. annimmt, wurde durch die Zusammenarbeit mit Muti und Barenboim geprägt. Mit seinem Konzert in der Frauenkirche gab das Orchester einen Einblick in sein Repertoire.

Die neuere Zeit und ein anderes Flair kam dann erst mit der Zugabe von Nino Rota, der vor allem durch seine Filmmusik bekannt wurde, aber auch mehrere Opern, Orchesterwerke, Ballett-, Kammer- und Kirchenmusik geschrieben hat.

 Ingrid Gerk

 

 

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