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DRESDEN/ Frauenkirche: FESTLICHE SONNTAGSMUSIK MIT J. S. BACH, G. A. HOMILIUS UND A. SCARLATTI

Dresden / Frauenkirche: FESTLICHE SONNTAGSMUSIK MIT J. S. BACH, G. A. HOMILIUS UND A. SCARLATTI 16.2.2014

 Einen Tag nach der grandiosen Aufführung des „Verdi-Requiems“ (15.2.), auf den Tag genau, als die ausgebrannte Frauenkirche 2 Tage nach dem Bombenangriff am 13.2.1945 in sich zusammenstürzte, hatten Ludwig Güttler (Trompete und Corno da caccia) und sein Kammerorchester „Viruosi Saxoniae“ mit Friedrich Kircheis (Orgel) und Birte Kulawik (Sopran) zu einer festlichen Sonntagsmusik mit ausgewählten Werken der Barockzeit eingeladen. Hier standen weniger Tragik und Trauer als vielmehr Optimismus und Freude über den wiedererstandenen Kirchenbau im Vordergrund.

 J. S. Bach war auch hier „Anfang und Ende“ der Musik. Bereits zu Beginn erfüllte Kircheis mit einer großangelegten Interpretation von „Präludium und Fuge h-Moll“ (BWV 544) an der großen Frauenkirchenorgel den Kirchenraum mit festlichem Klang. Er verfolgte sehr eindrucksvoll die großen musikalischen Linien und Bögen in wunderbarer Klarheit und ließ auch im Tutti den Orgelklang nie schrill werden.

 Hauptteil und Abschluss bildete Bachs berühmte Kantate „Jauchzet Gott in allen Landen“ (BWV 51), bei dem das Kammerorchester in relativ kleiner Besetzung, 6 Streicher (3 Violinen, Viola, Violoncello und Kontrabass) sowie Friedrich Kircheis, Cembalo und Ludwig Güttler, Trompete und Leitung eine ausgewogene Klangfülle erreichten. Die Sopranstimme von Birte Kulawik verband sich ausgesprochen gut mit den Instrumenten. Nach einem virtuos gestalteten 1. Teil und einem ruhigeren Mittelteil leiteten die exzellente, solistische 1. Violine mit ihrem sanft-beseelten, einschmeichelnden Klang und die sich wie im Duo hinzugesellende 2. Violine den schnellen Schlussteil mit der ausgiebigen Sopranpartie ein. Die Violinstimmen wurden sehr schön von der Gesangsstimme aufgenommen und bildeten mit ihr ein klangerfülltes „Dreigestirn“. Nicht unbegründet ist diese Kantate auch Gradmesser für Sopranistinnen, eine „Feuerprobe“, die Birte Kulawik sehr gut bestand.

 Mit der Auswahl der Kompositionen, deren sehr guter Ausführung und der ausgewogenen Programmgestaltung erhielt diese Sonntagsmusik sehr festlichen Charakter. Es wurde auch eine weitere „Lanze“ für G. A. Homilius „gebrochen“, der mit 2 „Choralvorspielen für Corno da caccia und Orgel“ (HoWV deest und X.20) und 2 „Choralvorspielen für Trompete und Orgel“ (HoWV X.Anh. 10 und X.17) vertreten war. Die Kompositionen von Homilius, der nach Meinung seiner Zeitgenossen als der berühmteste Kirchenmusikkomponist galt, wurde bis zur Wende des 19./20 Jhs., als ihn die Musikwissenschaft zu den „Kleinmeistern abstempelte“, sehr gepflegt und dann vergessen. Jetzt werden sie, vor allem in Dresden, erfreulich breitgefächert, wieder aus ihrem „Dornröschenschlaf“ geweckt und vom Publikum erfreut aufgenommen, den seine Musik spricht mit ihrer erfindungsreichen Melodik noch heute unmittelbar an.

 Möglicherweise war die Tatsache, dass J. S. Bachs Kompositionen seinerzeit mehr studiert als aufgeführt wurden, darauf zurückzuführen, dass seine hohe Kunst der polyphonen Verarbeitung mit den damaligen Aufführungsmöglichkeiten in Widerspruch stand. Homilius war der Komponist für den praktischen Gebrauch, der alle Anforderungen erfüllte: eingängige Melodik, mittlere Anforderungen an die Aufführungspraxis und auch kunstvolle, aber nicht übertriebene Verarbeitung.

 Ludwig Güttler war sehr gut „bei Ton“, als er die 4 Choralvorspiele mit Friedrich Kircheis aufführte. Der schöne, klare Ton von Corno da caccia und Trompete trug sehr gut im Raum. Beide Musiker waren ideal auf einander abgestimmt. Sie ergänzten sich gegenseitig wie „ein Herz und eine Seele“ und musizierten auf sehr hohem Niveau. Es war ein Genuss zuzuhören, wie die Melodien mit gekonnten Verzierungen leicht und locker auf den Instrumenten umspielt wurden.

 Eine Seltenheit war auch die „Toccata Nr. 11 A‑Dur“ für Orgel von Alessandro Scarlatti (1660-17254), Komponist und Kapellmeister in Rom, Neapel und Florenz, sehr eindrucksvoll von Kircheis an der großen Kern-Orgel gespielt. Er wurde der Besonderheit des Komponisten in schöner Weise gerecht und trug dazu bei, nicht nur den Horizont der barocken Orgelliteratur zu erweitern, sondern auch das Persönlichkeitsbild von Alessandro Scarlatti abzurunden. Er war der Vater von Domenico Scarlatti (1685-1757), dessen Opern einst sehr geschätzt wurden, dessen Bedeutung jedoch in seinen Klavier- bzw. Cembalo-Sonaten liegt, die öfters zu hören sind.

 Ingrid Gerk

 

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