Die Wiener Staatsoper:
JAHRBUCH 2016
Herausgegeben von den Freunden der Wiener Staatsoper
Redaktion: Rainhard Wiesinger
Ca. 300 Seiten, Verlag Barylli, 2016
Seit einigen Jahren schon gibt es zu Saisonende / Saisonbeginn zwei Publikationen zur Wiener Staatsoper. Das Haus selbst bringt den Bildband heraus, der die voran gegangenen Saison quasi von allen Ecken und Enden her festhält. Auch das (im Gegensatz zum anderen hart gebundene) Buch aus der Redaktion der Freunde der Wiener Staatsoper hat einen Bildteil, der sich allerdings auf die Premieren beschränkt (und diese Fotogalerie ist diesmal in der Auswahl besonders überzeugend ausgefallen).
Weiters gibt es rückblickend eine Chronik der Ereignisse, auf deren Einleitungsseite natürlich Alfred Sramek steht – die Trennung von diesem Ensemblemitglied, der am 23. Juni 2016 verstorben ist, ist den Opernfreunden besonders schwer gefallen. Im übrigen – traurige andere Todesfälle (Harnoncourt, Vickers, Prikopa), Geburtstage, sonstige Ereignisse. Natürlich wie immer sämtliche Besetzungen der voran gegangenen Spielzeit. Und die von den „Freunden“ veranstalteten Künstlergespräche.
Da hat sich in den Jahren ein unglaubliches Kompendium an „O-Tönen“ der Künstler angesammelt. Wobei die Freunde gleicherweise Weltstars (Florez, Damrau, Carlos Alvarez, Pirgu, Dirigent Armiliato) zu sich bitten wie auch die Ensemblemitglieder: Narfornita und Kupshler, Rydl und Unterreiner. Auch Manuel Legris, der Chef, und Peter Schreier und Susanne Kirnbauer, die Großen von gestern, erzählten und standen Rede und Antwort. Das sind mehr als die üblichen Zeitungsinterviews, wo nicht viel Platz ist und es nur um wirkungsvolle Formulierungen geht: Hier hat man Zeit, tiefer zu schürfen, und das macht das Lesen für wahre Opernfreunde, die es genau wissen wollen, zum Vergnügen.
Im übrigen widmet sich das Jahrbuch immer mit Voraus-Artikeln der kommenden Spielzeit, wobei zu „Falstaff“ und „Parsifal“ auch ein Rückblick auf alle Staatsopern-Neuproduktionen seit 1955 geboten wird. Ja, man erinnert sich, damals 1966, als Dietrich Fischer-Dieskau unter der Stabführung von Leonand Bernstein auf die Bühne tänzelte… Und 1980? Das „Reverenza“ der Christa Ludwig? Unvergessen…
Nur dass der Autor des „Falstaff“-Artikels, Verdi-Spezialist Christian Springer, das alte „Verdi gegen Wagner“-Spiel nicht lassen kann und vermerkt, dass Wagner „mit seiner Opernsymphonik in eine Sackgasse geriet“, während Verdis „Falstaff“ in die Zukunft wies – das wird ihm bei Wagner-Freunden keine Lorbeeren einbringen (und abgesehen davon, stimmt es nicht, denn man kann hundertfach beweisen, wie auch Wagner auf die nächsten Generationen wirkte)…
Aber über Oper muss man ja auch diskutieren können, sonst ist sie tot!
Renate Wagner