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DIE WIENER SÄNGERKNABEN 1498 BIS HEUTE

18.09.2023 | buch, CD/DVD/BUCH/Apps

buch ängerknaben v~1

Tina Breckwoldt
EIN CHOR EROBERT DIE WELT
DIE WIENER SÄNGERKNABEN 1498 BIS HEUTE
267 Seiten mit 105 teils farbigen Abbildungen und 30 QR-Codes, Verlag Böhlau, 2023  

Schon bei ihrer Gründung dienten sie zur Repräsentation, nämlich für jene von Kaiser Maximilian I., der wusste, was exzellente Musik bewirkt und wie viel Bewunderung sie auslösen kann. Und heute? Der Knabenchor von damals, den sich der Kaiser leistete, hat als „Wiener Sängerknaben“ bereits 525 Jahre überlebt – und immer noch repräsentiert er sein Land, Österreich. Und das in aller Welt und auf die denkbar beste Art und Weise.

Es hat im Lauf der Zeit viele Bücher über die Sängerknaben gegeben, aber das neueste zum jüngsten Jubiläum (525 Jahre sind seit der Gründung vergangen) kommt durch Autorin Tina Breckwoldt der Sache besonders nahe, ist sie doch seit einigen Jahren bei den Wiener Sängerknaben für Dramaturgie, PR und Recherche zuständig, hat also Zugriff auf jegliches Text- und Bildmaterial. Dieses umfasst dann ebenso alte Stiche von Musikaufführungen, die die Sängerknaben tief in der Geschichte verankern, wie aktuelle bunte Fotos, vielfach in den charakteristischen Matrosenanzügen. So sahen sie natürlich nicht immer aus – ein Bild aus dem Biedermeier zeigt sie mit weißer Hose und rosa Frack, als seien sie dem berühmten Bild von Therese Krones als Raimunds „Jugend“ nach empfunden…

Den Auftakt des Buches macht die Gegenwart, jenes Projekt „Music for Hope“, bei dem die Sängerknaben mit Musikern aus Jordanien, Syrien und im Irak kommunizieren, in der Absicht, Menschen zum Singen zu bringen – und den heilenden, ja, erlösenden Charakter der Musik zu propagieren. „Nur“ Konzerte zu geben, wäre in einer so wirren Welt wie der unseren wahrscheinlich zu wenig.

Chronologisch wird dann die Geschichte erzählt. Dass Kaiser Maximilian I. aus Tirol die Kunst der bis heute berühmten „Wiltener Sängerknaben“ im Ohr hatte und einen eigenen Knabenchor (Hofcapell-Singknaben) wünschte, als er seinen Hof nach Wien verlegte. Gerade, weil Musik damals noch nicht aus jedem Smartphone erklang, war sie etwas Besonderes – und dieser Knabenchor ist es geblieben. Es gab wenige unter Maximilians meist musikaffinen Nachkommen, die diesen Chor nicht geschätzt, benützt und gefördert hätten. So überlebte er auch alle Krisenzeiten.

Neben der historischen Entwicklung geht die Autorin in Exkursen auf allgemeine Fragen ein, die sich immer weder stellen – etwa was nach dem Stimmbruch passiert. Oder wer die Jungen sind, die den zeitlich beschränkten „Sängerknaben“-Beruf wählen (zu den berühmtesten zählten Joseph und Michael Haydn, und die sind ja ganz tüchtige Musiker geworden…), Welche Probleme stellen die aufwendigen Reisen? Kurz, alles, was man wissen möchte.

Den absolut zeitgemäßen „Touch“ erhält das Buch durch die eingefügten QR-Codes, die es ermöglichen, so manches aus dem Sängerknaben-Repertoire ad hoc nach zu hören, was das Buch gewissermaßen zu einem klingenden Ereignis macht.

Am Ende steht dann für unsere Tage die Frage der „Sängermädchen“: Die Entwicklung ist wohl nicht aufzuhalten, und damit wird wohl wieder eine neue Seite in der Geschichte der traditionsträchtigen Institution aufgeschlagen…

Renate Wagner

 

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