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DIE LEIPZIGER NOTENSPUR VERBINDET 300 JAHRE MUSIKGESCHICHTE

30.06.2012 | KRITIKEN, Oper

Die Leipziger Notenspur verbindet 300 Jahre Musikgeschichte, 30.6.12

von Ursula Wiegand

Das Timing ist perfekt. Mitten im Jubiläumsjahr 800 Jahre Thomana und vor dem Wagner-Jahr 2013 wurde die Leipziger Notenspur eröffnet. Die Stadt und die Initiatoren machen damit auf einen Schatz aufmerksam, den in ähnlicher Fülle nur Wien vorweisen kann.


Leipziger Notenspur, auch auf Englisch. Foto: Ursula Wiegand

Doch Leipzig besitzt einen Vorteil: Die 23 authentischen Wohn- und Wirkungsstätten der Komponisten, die das weltweite Musikgeschehen seit rund drei Jahrhunderten prägen, liegen hier dicht bei dicht und sind fußläufig erreichbar. Durch ein 5,3 km langes Wegeleitsystem sind sie nun miteinander verbunden. Die Entfernung zwischen den einzelnen Stationen beträgt im Schnitt nur 230 Meter, also Musik auf Schritt und Tritt.

Ins Pflaster eingelassene Edelstahlintarsien weisen den Weg. Ihr fröhlicher Schwung, der auch die blauen Informationstafeln ziert, bezieht sich auf das 1849 von Robert Schumann vertonte Gedicht „Er ist` s“ von Eduard Mörike. „Frühling lässt sein blaues Band wieder flattern durch die Lüfte,“ lautet der Beginn.


Auf der Leipziger Notenspur. Foto: Ursula Wiegand

So gesehen passte auch der Notenspur-Start am 12. Mai 2012 perfekt und verhilft Leipzig zu einem Alleinstellungsmerkmal von höchster Qualität, geeignet für die Einreihung ins UNESCO-Welterbeverzeichnis. Auf diesen Antrag hat der Freistaat Sachsen positiv reagiert und die Leipziger Notenspur am 26. Juni 2012 auf die Vorschlagsliste gesetzt.

Auch wenn Nicht-Leipziger überrascht wurden – ein Schuss aus der Hüfte war das alles nicht. Projekte dieser Art haben stets Vorlauf und brauchen vor allem Menschen, die solche Ideen entwickeln, vorantreiben und andere dafür begeistern.


Prof. Schneider vor der Grieg-Begegnungsstätte. Foto: Ursula Wiegand

Ein solcher war und ist der in Leipzig und Dresden tätige Physikprofessor Dr. Werner Schneider. Vor rund 13 Jahren hatte er diese Idee und gründete einen Förderverein. Mit freundlicher Beharrlichkeit hat er das Ziel verfolgt und hochkarätige Partner gewonnen.

Zu denen gehören das Gewandhaus zu Leipzig, das forum thomanum, die Hochschule für Musik und Theater „Felix Mendelssohn Bartholdy“, das Museum für Musikinstrumente der Universität Leipzig, das Mendelssohn-Haus, der Robert und Clara Schumann Verein, die Edvard Grieg Gedenk- und Begegnungsstätte, private Musikliebhaber sowie last not least die Leipzig Tourismus und Marketing GmbH (LTM).

Schneiders Grundgedanke: „Leipzig ist nicht nur eine Bachstadt. Auch andere bedeutende Komponisten, die hier lebten und wirkten, verdienen die ihnen gebührende Aufmerksamkeit, zumal ihre Wohnstätten erhalten sind,“ sagt er beim Gang über die Notenspur.


Gewandhaus zu Leipzig. Foto: Ursula Wiegand

Diese führt auch zu den Bauwerken, wo die Werke aufgeführt und die Noten gedruckt wurden. Das Gewandhaus am zentralen Augustusplatz trägt sogar die Nr. 1, und gleich fällt auf, dass die Informationstafeln auf Deutsch und Englisch beschriftet sind. Eine Reverenz an Leipzigs internationale Besucherschar.

Von hier schlagen wir den Bogen zur Nr. 2, dem Mendelssohn-Haus, das weltweit einzige, für dessen Restaurierung sich Maestro Kurt Masur vor Jahren engagierte. Die Mendelssohn-Familie bewohnte die 1. Etage.


Mendelssohn-Büste hinter dem Wohnhaus. Foto: Ursula Wiegand

Wie klein der Raum ist, in dem Felix komponierte. Die Möblierung ist jedoch nicht mehr original. Auf einer Rasenfläche hinterm Haus steht seine Büste.

Die Nr. 3 gilt der Grieg-Begegnungsstätte. Auf den abgewetzten Treppenstufen sind schon viele gegangen, zumal sie auch zur Musikbibliothek Peters führen. Im Grieg-Musikzimmer übt gerade ein Japaner fürs abendliche Konzert.


Schumann-Haus, Fenster der Säle. Foto: Ursula Wiegand

Vorbei am Grassi-Museum für Musikinstrumente besuchen wir das Schumann-Haus. Die Wohnung, in der Robert und Clara Schumann von 1840-44 lebten, war klein. Für ihre Konzerte durften sie die Säle des Eigentümers in der Bel Etage benutzen. Das Licht scheint nach draußen durch die Fenster, als würden die beiden dort musizieren. Ein nicht nur hochbegabtes, sondern auch schönes Paar, wie die Bilder im Flur beweisen.

„Kinder machen die Notenspur zur Schnitzeljagd,“ lacht Schneider. Für sie gibt es sogar eine „Kleine Leipziger Notenspur“. Doch niemand muss den Nummern unbedingt folgen. Mit dem Faltblatt in der Hand lässt sich die Route auch individuell gestalten. .


Oper Leipzig in abendlicher Beleuchtung. Foto: Ursula Wiegand

Also gehen wir zurück zum Augustusplatz. Der Blick fällt auf die Oper Leipzig – nach Mailand und Hamburg die drittälteste Europas – gegenüber vom Gewandhaus. Nach dem Krieg wurde das zerstörte Haus wieder aufgebaut. Beleuchtet wirkt es besonders festlich. Tagsüber lässt es sich aus 142 Meter Höhe betrachten, von der Aussichtsplattform des City-Hochhauses. Zwischen den beiden Musiktempeln setzt sich nun das Paulinum in Szene, der moderne Uni-Neubau mit der Universitätskirche St. Pauli.


Uni-Neubau Paulinum mit Universitätskirche. Foto: Ursula Wiegand

Selbstverständlich führt die Leipziger Notenspur auch zur Nikolaikirche , zum Alten Rathaus, zur Thomaskirche, zum Bach-Museum und sogar zum „Zum Arabischen Coffe Baum“. Dieses Café zählt zu den ältesten in Europa, hier trafen sich auch die Komponisten. Sicherlich auch der junge Richard Wagner.


Wagner-Denkmal, Nr. 9 der Notenspur. Foto: Ursula Wiegand

Der Gang zu seinem Denkmal (die Nr. 9 der Notenspur) ist ein Muss, feiern wir doch in 2013 den 200. Geburtstag des in Leipzig geborenen Musikgenies. Es steht etwas versteckt in der Grünanlage hinter der Oper. Damit es die Besucher entdecken, hat man die Informationstafel am Georgiring aufgestellt.


Richard ist Leipziger, Plakat. Foto: Ursula Wiegand

„Richard ist Leipziger“ – frohlocken bereits die Plakate an der Stelle, wo einst sein Geburtshaus stand. In der Alten Nikolaischule hat er büffeln müssen. Das hat er nicht sehr gemocht, und auch das Verhältnis zu seiner Stadt gestaltete sich schwierig. Zuletzt hat er sich wieder mit Leipzig versöhnt, und Leipzig mit ihm. „Auch schwierige Kinder gehören zur Familie,“ lächelt Professor Schneider.

Auch er freut sich auf das Wagner-Jahr, hat aber anderweitige Zukunftsmusik im Physikerhirn. Geplant ist ein „Leipziger Notenbogen“, ein musikalischer Stadtspaziergang als Ergänzung zur Notenspur. Der soll den Bogen ins 19. und 20. Jahrhundert schlagen, u.a. zu Gustav Mahler und Max Reger, die ebenfalls in Leipzig gelebt und gearbeitet haben.

Auch die Radler sind nicht vergessen. „Das Leipziger Notenrad“, eine 36,6 km lange Strecke, bestehend aus einer westlichen und einer östlichen Schleife, soll sie durch die Stadt und ins grüne Umland führen.

Infos unter www.notenspur-leipzig.de, www.wagner-verband-leipzig.de  und www.leipzig.travel

 

 

 

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