Online Merker Logo

Die internationale Kulturplattform

DIE ALBEN DES HUBERT MARISCHKA

23.10.2023 | buch, CD/DVD/BUCH/Apps

buch marischka titel b~1

Roland Fischer-Briand (Hg)
FABELHAFTE FOTOGRAFIE, BÜHNENREIF.
DIE ALBEN DES HUBERT MARISCHKA
Eine Publikation des KHM-Museumsverbands / Theatermuseum
184 Seiten, Breitformat, Verlag Fotohofedition, 2023

Wenn das Österreichische Theatermuseum den „Marischkas“ eine Großausstellung widmet, ist – ungeachtet der „Sissi“-Filme seines Bruders Ernst – Hubert Marischka  hier die zentrale Persönlichkeit, der Mann, der am meisten konnte und leistete – als Sänger und Schauspieler, Regisseur und Theaterdirektor, Verleger und Manager, Librettist und Medienmann, in allem innovativ für seine Zeit.

Zu seinem überbordenden Nachlass, der nun aufgearbeitet wurde, gehören auch 20 voluminöse Fotoalben, in denen Fotos von seiner Karriere gesammelt sind. Als Ganzes kann so etwas nicht reproduziert werden, aber man hat sich entschlossen, ein „Best of“ der Bände zu erstellen, das nun im Breitformat unter dem Titel „Fabelhafte Fotografie, bühnenreif“ eine umfassende Auswahl aus Hubert Marischkas Alben und Schaffen bietet.

Hubert Marischka, der am 27. August 1882 als Sohn eines Vergolders in Wien geboren wurde und zuerst das Tischlerhandwerk lernte, begann dennoch schon 1904, als 22jähtiger, seine Karriere als Operettentenor. Die Fotoalben verlaufen chronologisch, meist sind es ausführliche Dokumentationen über Operettenaufführungen, in denen Marischka mitwirkte (1909 im Carltheater blies er auf der Bühne in der Operette „Didi“ das Flügelhorn, das er virtuos beherrschte).

Mit Marischka in den verschiedensten Rollen, Kostümen und Masken (ob in Uniform, ob bäuerlich, ob als Nero in der vergessenen Operette „Die Bacchusnacht“ von Bruno Granichstaedten zu einem Libretto seines Bruders Ernst, ob als Franz Schubert  1916 im „Dreimäderlhaus“) durchschreitet man die Welt der Operette bis in die Zwanziger Jahre.

1923 war Marischka schon Direktor des Theaters an der Wien, wo er sich weiter in Hauptrollen besetzte und vor allem mit Kalman-Operetten eine letzte Blütezeit des Genres feiern konnte. Im legendären „Sissy“-Erfolg mit Paula Wessely spielte Marischka den Vater der Heldin, Herzog Max in Bayern.

buch marischka titel 2 v~1

Neben den großen Operettenerfolgen verlagerte sich das Schwergewicht auf die großen Revuen, und hier gewinnt man durch die Fotos, die jetzt nicht in erster Linie Marischka gelten, sondern Szenenfotos mit verrückten Kostümen und originellen Ausstattungen bieten, tatsächlich einen Eindruck davon, was damals geboten wurde. Es stand den großen Revue-Städten zwischen New York und Berlin wohl kaum nach. Manches erinnert an die Ziegfeld-Choreographien.

Die Alben enden mit Privatbildern, die bis in die Vierziger Jahre reichen. Tatsächlich stand Hubert Marischka in der Nachkriegszeit noch bis wenige Jahre vor seinem Tod (am 4. Dezember 1959 in Wien) in zahlreichen Filmen vor der Kamera.

Man blättert fasziniert durch diese wahre Orgie von Schwarzweißbildern manche bräunlich, alle sorglich digital nachbearbeitet, die – immer mit Hubert Marischka im Mittelpunkt – Theater- und Musikgeschichte lebendig machen. Leider hat man sich entschlossen, die Fotos nicht auf derselben Seite unter dem Bild zu beschriften – man muss als Benützer immer zu den letzten Seiten des Buches blättern, um die jeweiligen Bildlegenden lesen zu können. Das ist mühsam und schade, denn schließlich kann man das Material (außer vielleicht im Fall von „Sissy“) nicht auf Anhieb identifizieren. Möglicherweise wurde diese Lösung durch drucktechnische Probleme verursacht – als Leser hätte man lieber auf Anhieb gewusst, womit man es zu tun hat. Was das Vergnügen an dem Werk letztendlich aber nicht schmälern solltet.

Dass es Institutionen wie das Kunsthistorische Museum gibt (Dependance Theatermuseum), das solche Schatzkisten öffnet und zugänglich macht, ist jedenfalls bewundernswert.

Renate Wagner

 

Diese Seite drucken