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DARMSTADT: HOFFMANNS ERZÄHLUNGEN

11.05.2012 | KRITIKEN, Oper

Staatstheater Darmstadt: Offenbach: Hoffmanns Erzählungen am 10.5.2012

Eine glückliche Hand hat Regisseur JOHN DEW mit der dramaturgischen Bearbeitung seiner Hoffmann-Fassung für Darmstadt. Gute Striche, die manch Seltenes zu Gehör bringen, beispielsweise die Alternativarie Dapertuttos im Giulietta- Akt, fassen die Handlung stringent und konzentriert zusammen. Leicht ist das Konzept nicht, denn Dew verzichtet nicht nur auf Bühnenbildwechsel, er lässt auch die Figuren im Kostüm von Auerbachs Keller durchgängig als quasi Stegreif-Mitspieler Hoffmanns agieren. (Bühne: HEINZ BALTHES , Kostüm: JOSE-MANUEL VAZQUEZ). Dadurch entfällt eine Farbigkeit im Ambiente, gewonnen wird allerdings eine konsequente Zeichnung die Figuren, die in dieser Fassung außer Hoffmann sämtlich in verschiedene Rollen schlüpfen. Die Deutung ist konservativ gemäßigt, dabei logisch und handwerklich sicher.
Gesungen wird in deutscher Sprache, sehr wortverständlich, trotzdem sicherheitshalber übertitelt.

Die größte Herausforderung ist die Rollenzusammenlegung der Sopranpartien. Und ADREANA KRASCHEWSKI gelingt eine rundweg sehr überzeugende, einnehmende Gesamtleistung. Anzumerken ist, dass ihr die beiden extremeren Partien der stimmakrobatischen Olympia und der gekonnt lasziv angelegten Giulietta noch besser in de Kehle lagen als die gelegentlich leicht forcierte Antonia. Zum Star der Aufführung wird die Mezzosopranistin ERICA BROOKHYSER als Niklas/Muse mit klarer Diktion, weitem Klang und überlegener Musikalität, die sie als versierte Violinistin noch zusätzlich präsentieren darf. JOEL MONTERO agiert als sympathischer Hoffmann, immer bereit, sich hinzugeben, mit strahlender Italianita in der Höhe, jedoch leicht distonierender, wenig legato-fähiger Mittellage, die diese französische Partie oft fordert. Dadurch ergibt sich ein eher robustes Rollenbild ähnlich dem des Baritons OLAFUR SIGURDARSON, der den Bösewichtern zwar knarrige Kraft und sonore Aura, nicht aber manchmal gewünschte vokale Noblesse mitgibt. Die vier tolpatschigen Tenorrollen (Franz etc.) waren bei PETER KOPPELMANN  in darstellerisch auffälligen, extrovertierten Händen.

THOMAS MEHNERTs Crespel macht in einer weiteren Rolle gute Figur mit markantem Bass. Auch ANDREAS WAGNER als Spalanzani gefällt mit lyrischer Qualität. Solide bewährt ELISABETH HORNUNG als Mutter und adäquat MALTE GODGLÜCK als Schlemihl. Der Chor unter der Leitung von MARKUS BAISCH präsentiert sich in exzellenter Verfassung.

Zum Ereignis wird diese Produktion musikalisch, da es Dirigent ELIAS GRANDY meisterhaft versteht, Leichtigkeit mit Tragik, Virtuosität mit Klanglichkeit zu mischen, den Offenbachschen Ton   punktgenau zu treffen und so das Staatsorchester Darmstadt sich einmal mehr von seiner Schokoladenseite zeigen kann.

Warmer Applaus im leider nur sehr mäßig besetzten großem Haus.

Damian Kern

 

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