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DARMSTADT: BESENREIN-GALA zum Abschluss der Opernsaison

Darmstadt: „BESENREIN- GALA“  12.07. 2014

 „Besenrein“ – das Konzert zum Abschluss der Opernspielzeit, seit Jahren im Staatstheater Darmstadt etabliert stand heute im Zeichen des Abschieds für den scheidenden Intendanten John Dew. Zehn Jahre leitete dieser unverwüstliche Theatermann die Geschicke dieses traditionsreichen Hauses. Nun haftet jedem Abschied ein Quäntchen Wehmut an, doch dieses Scheiden war erfüllt von großer Dankbarkeit und Freude.

 John Dew 1944 auf Kuba geboren, wuchs in New York auf, nach eigenem Bekunden zeichnete sich bereits als Kind die Liebe zur Verwandlung ab, studierte in der Stadt seiner Kindheit später Kunstgeschichte und Bühnenbild. Im Rahmen der Meisterklassen von Friedelind Wagner führten ihn seine Wege 1966 nach Bayreuth, hospitierte 1967 bei Walter Felsenstein in Berlin und entwarf 1968 sein erstes Bühnenbild zur „Zauberflöte“ in Durban.

Die erste Opern-Inszenierung folgte 1973 in Ulm, sodann folgten die Wagner-Produktionen

„Tristan und Isolde“, „Meistersinger“ und „Ring“ in Krefeld. Von 1982-1995 wirkte Dew als Oberspielleiter in Bielefeld und prägte dort mit dem Intendanten Heiner Bruns und dem Dramaturgen Alexander Gruber die „Bielefelder Dramaturgie“ mit spektakulären Inszenierungen des französischen Repertoires sowie UA  diverser Komponisten. Während dieser Zeit arbeitete John Dew an regionalen und internationalen Häusern u.a. in Hamburg, Zürich, Wien, London, Paris und festigte seinen Ruf als renommierter Opern-Regisseur.

Von 1995-2001 leitete Dew das Theater Dortmund und übernahm 2004 nach Jahren als freischaffender Künstler die Intendanz am Staatstheater Darmstadt.

 Während dieser Ära, geprägt von Höhen und Tiefen, rastlosem Aufwärtsstreben zum Wohle des Hauses, seiner unermüdlichen Arbeit im Aufbau aller Sparten, dem Ballett, der Verjüngung des Publikums, der Oper an sich, neben diesen immensen Herausforderungen schuf dieser große Theatermensch noch so nebenbei ca. 40 Opern-Inszenierungen.

Um nur einige hervor zu heben nenne ich: „Schicksal“ (Janácek), „Lelio“ (Berlioz), die grandiosen Orff-Produktionen „Oedipus“, Antigonae“, „Die Kluge“, auch des Komponisten posthume UA „Gisei“,  eindrucksvoller „Katja Kabanova“,  bewegenden „La Juive“, eines neuen „RING´s“,  „Salome“ oder  prägnanten „ Troyens“. Die Bewältigung dieses immensen Pensum fordert höchsten Respekt vor diesem großartigen Künstler und Theatermann – Bravo und nochmals Bravo!

 Gewiss darf man  zehn Jahre als Ära bezeichnen, welche auch von Tiefschlägen nicht verschont blieben, verschiedene Diskrepanzen schlugen in den letzten Jahre hohe Wellen, persönliche Fehden der Günstlinge von Itendanz und GMD welche schließlich zur frühzeitigen Kündigung von Constantin Trinks führten. Doch erscheinen auch jene Skandale als Würze eines Künstlerdaseins und John Dew meisterte sie mit eiserner Disziplin und bewundernswerter Noblesse. Wie steht es so treffend geschrieben: „Wer frei  von Schuld, der werfe den ersten Stein“.

 Das Staatstheater würdigte nun den scheidenden Intendanten mit einer sechsstündigen, großartigen  Abschiedsgala, alle Mitwirkenden verzichteten auf ihre Gage (Zweck ?) und somit möchte ich manche Beiträge in keiner Weise  beckmesserisch bewerten, denn bekanntlich „der Zweck, heiligt die Mittel“. In drei Abschnitten von zwei Pausen unterteilt ging eine Show der Superlative über die Bühne  jeweils in der szenischen Original-Ausstattung. Ein großes, dankbares Sonderlob an alle dienstbaren, hilfreichen Geister  hinter den Kulissen sollte deshalb nicht unerwähnt bleiben. Grußworte der Kulturpolitik und des Darmstädter OB durften nicht fehlen, sowie herzliche  Laudationen  des langjährigen Weggefährten Heiner Bruns sowie dem freundschaftlich verbundenen  Geistlichen Dr. Thomas Krenski, welcher schmunzelnd  Dew´s Parsifal  als „Katholischsten“ deklarierte!

 Die Dirigenten Anna Skryleva, Elias Grandy, Stefan Blunier, Bartholomew Berzonsky, Michael Cook sowie der ebenso scheidende GMD Martin Lukas Meister leiteten das  bestens musizierende Staatsorchester bei diesem musikalischen Gewaltakt.  In konträrer Abfolge gingen sodann Szenen und ganze Opernakte über die Bühne und boten einen dennoch kurzweiligen Abend voller  Überraschungen:

 Toccata  und Prolog (Gerson Luiz Sales) aus „L´Orfeo“ (Monteverdi), Zigeunerweisen – Hör ich Zigeunergeigen (Anja Vincken) aus „Gräfin Mariza“ (Lehár), E strano (Adréana Kraschewski/Arturo Martin) der „La Traviata“ , Duett ( Susanne Serfling/Martin) aus „Madame Butterfly“, Szene aus „Il tabarro“ (Gundula Hintz/Vincken), dem 3. Akt „La Boheme“ (Serfling/ Martin/ Margaret Rose Koenn/Oleksandr Prytolyuk) sowie aus “Turandot” Nessun dorma (Zurab Zurabishvili) als Puccini-Beiträge.

Aufgelockert wurden die gesungenen Sektionen durch zwei ausgezeichnete Ballett-Formationen  Blind Date sowie rasanten mexikanischen Rhythmen in Bernada (Mei Hong Lin). Schrill, provozierend  aber auch besinnlich  Cageles + Mascara aus „La Cage aux Follles“ (Herman), mit Largo al factotum (Rossini) räumte Tito You ab, ebenso Thomas Mehnert bei O hätt´ ich meiner Tochter nur geglaubt (Orff), zwei Szenen aus „Anatevka“ gewannen durch Monte Jaffe/Monika Mayer Publikums- Resonanz, auch Danilos Auftritt in der „Lustigen Witwe“ ,  gewaltige Eindrücke hinterließen der 3. Akt „Wozzeck“ ((Yamina Maamar), Lied des Hylas  (Lasse Penttinen) aus „ Troyens“ (Berlioz), liebliche Töne brachte Aki Hashimoto als „La Sonnambula“ (Bellini) mit ein und melodiös absolvierte Stephan Bootz die Kavatine des Rudolfo. Richard Wagner präsentierte sich mit „ Walküre“  war es so schmählich – Finale sehr beeindruckend von  KS Katrin Gerstenberger/Ralf Lukas in Szene gesetzt. Den krönenden Abschluss kurz vor Mitternacht bildete aus „Parsifal“ die Amfortas Szene + nur eine Waffe taugt  (Lukas/Zurabishvili) sowie  Finale, vom Staatsopern-Chor so prächtig intoniert.

Das Schlusswort hatte der verehrte John Dew selbst, überspielte die aufkommende Wehmut mit einem Chanson und ließ zu Standing Ovations sein Ensemble paradieren.

„Besenrein“ übergibt nun Dew dem neuen Intendanten  Karsten Wiegand das Staatstheater und man darf dessen Team, den teils neu engagierten Künstlern für die kommenden Jahre nur das Beste und gutes Gelingen wünschen.

Gerhard Hoffmann

 

 

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