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Daniel Kalt. STAAT TRAGEN

09.04.2023 | buch, CD/DVD/BUCH/Apps

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Daniel Kalt.
STAAT TRAGEN
Über das Verhältnis von Politik und Mode
218 Seiten, Verlag  Kremayr & Scheriau 2023

Dass Kleider Leute machen, ist zweifellos eine Erkenntnis, bedenkt man, wie viele Menschen ihre Mitmenschen nach der Äußerlichkeit ihrer Erscheinung, sprich: ihrer Kleidung beurteilen. Allerdings wird Gewandung natürlich auch bewusst eingesetzt, um Signale zu senden, und dass dergleichen für die Politik ein wichtiges Thema ist, versteht sich.

Daniel Kalt, Journalist, der das „Schaufenster“ der „Presse“ betreut, hat sich in dem Buch „Staat tragen“ mit dem Thema „Verhältnis von Mode und Politik“ auseinander gesetzt, wobei, wie Angela Merkel bewiesen hat, alles möglich ist: Ihre monotone Folge von Hosen und schlichten Jacken, die jeder modebewussten Frau viel zu langweilig gewesen wären, hat sie zu einem „Stil“ entwickelt, von dem man meinen konnte, er passe auch zu ihrer Politik… In ihrem Fall wurde „kein Stil“ zu dem, was man „Personalstil“ nennt. Übrigeins – als Hillary Clinton als selbständige Politikerin zur Apologetin des Hosenanzugs wurde, fielen diese entschieden modischer aus.

Grundsätzlich achten Damen und vor allem Herren der Politik  sehr darauf, wie sie sich in der Öffentlichkeit zeigen, zumal heutzutage, wo in den Sozialen Medien jeder Lapsus auf der Stelle entdeckt und breit diskutiert oder verhöhnt wird.

Natürlich benützen Menschen ihre Kleidung auch als bewusste Aussage – Steve Jobs kreierte mit dem  schwarzen Rollkragen-Pullover eine neue Generation von Super-Unternehmern. Kommunikation durch Kleidung hat ihre eigenen Codes. „Wenn man sehr ungünstig aussieht, entwertet das auch den Inhalt“, ist eine diesbezügliche Erkenntnis.

Das Thema hat viele Gesichtspunkte, von der Krawatten-Frage bis zu ausgestellter Sportlichkeit oder zum Reizthema Rolex.  Dabei kann man auch, wie der Autor es tut, boshafte politische Seitenhiebe einbringen. Wenn er etwa ätzt, wie Karin Kneissl sich im kostspieligen Hochzeitsdirndl (wobei die 1000 Euro der Firma Tostmann eigentlich nicht so übertrieben scheinen) „sich knicksenderweise geradezu vor Putin in den Staub“ warf – dieser hatte allerdings  nicht in den Trachtenlook gewechselte, wahrte also Distanz. Ob die Tracht wirklich „sexuelle“ Projektionsflächen erzeugt, wie behauptet wird, ist vielleicht Interpretationsfrage…

In einer Welt, wo „gesehen werden“ elementar ist, sind Qualitätszeitschriften immer noch wichtig, weil nachhaltiger als jeder positive oder negative Shitstorm in den Sozialen Medien. Als Beispiel wird hier „Vogue“-Chefin Anna Wintour genannt, die mit Modeberichterstattung tatsächlich Politik machen kann und mit dreimal Michelle Obama am Titelbild die Obamas spürbar unterstützte. Dafür kursierte sogar das Gerücht, die Chefredakteurin könnte zur amerikanischen Botschafterin in London werden, wozu es dann doch nicht kam.

Ein Buch wie dieses wendet sich im Grunde an Leser von Hochglanz-Style-Magazinen. Dazu müsste es allerdings lockerer geschrieben sein, der geschraubte Stil des Autors ist da nicht wirklich ideal. Schade auch, dass ein Register fehlt – hier würde man zweifellos gerne einzelne Leute nachschlagen. Der größte Fehler des Buches aber besteht darin, dass man sich mit schäbigen, billigen Zeichnungen begnügt, wo man die Foto-Beispiele in Farbe und Hochglanz zeigen müsste. Da widerspricht die Aufmachung dem Inhalt entschieden.

Renate Wagner

 

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