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Daniel Ender: ALBAN BERG IM BILD

19.09.2023 | buch, CD/DVD/BUCH/Apps

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Daniel Ender
ALBAN BERG IM BILD
FOTOGRAFIEN UND DARSTELLUNGEN 1887-1935
280 Seiten, Großformat, Verlag Böhlau, 2023 

Alban Berg hat seinen beiden großen „Zwölfton“-Kollegen Schönberg und Webern zweierlei voraus. Erstens gibt es von ihm mit  „Wozzeck“ und „Lulu“ zwei Opern, die sich fest im Repertoire halten und damit seine Popularität aufrecht halten, und zweitens hatte er in seinem Leben eine liebende, bewundernde und ergebene Gattin, die als Witwe alles dazu beitrug, seinen Nachruhm zu sichern. Dazu zählte das „Sammeln“ des eigenen Lebens in Bildern und Dokumenten. Heute lagern alle persönlichen Schätze des Berg-Lebens in der 1968 von Helene Berg gegründeten Alban Berg Stiftung in Hietzing.

Daniel Ender, Musikwissenschaftler und Musikjournalist, der dort als Leiter der Wissenschaft Kommunikation tätig ist, arbeitet schon lange mit dem Material und hat bereits einen umfangreichen Bildband („Zu Hause bei Helene und Alban Berg“) heraus gebracht. Nun noch ein großformatiges Buch mit Bildern – diesmal das private und berufliche Leben des Komponisten. Dessen Lebensdaten (1885-1935) decken sich bis auf zwei Jahre mit dem zeitlichen Umriß des Werks (1887-1935) – das heißt, dass dem Zweijährigen das erste Foto des Buches gilt. Das letzte zeigt ihn in seinem Todesjahr.

Heute, im Zeitalter von Smartphone und Selfies, werden viele Menschen auf Tausende eigener Fotos zurück blicken. Dass jemand sich „offiziell“ im Stil von Künstlerpostkarten und privat in Schnappschüssen so oft abbilden ließ wie Alban Berg, ist eher selten und ein Exempel für bewusste Selbststilisierung. Er war selbst ein ambitionierter Fotograf und hatte er zu dieser Kunst eine besondere Beziehung – wie auch zu anderem, das damals „modern“ war wie das Auto, mit dem er begeistert herumfuhr.

Über Alban Berg als Person hinaus breitet Ender das Thema seiner Biographie aus – die Menschen, die für ihn wichtig waren (Mahler, Loos, natürlich Schönberg), spielen ebenso eine große Rolle wie das soziale Leben in Wiens Künstlerkreisen. Das Glück, das Berg mit seiner Gattin Helene erlebte, zeigt sich in Harmonie ausstrahlenden gemeinsamen Fotos. Freizeitvergnügen am See, am Fußballplatz, im Auto – alles wurde fest gehalten. Und natürlich das Leben in der Sommerfrische und auf Reisen.

Im Ersten Weltkrieg war der dreißigjährige Alban Berg eingezogen, in Uniform, locker eine Zigarette im Mundwinkel, hat man versucht, das nicht so ernst zu nehmen.

Berg bei der Arbeit, am Schreibtisch, am Klavier, in seiner Bibliothek, in Noten blätternd, im Kreis von Mitwirkenden im Theater – immer war jemand bei der Hand, der ein Foto machte. Zahllos schließlich die „offiziellen“ Bilder, in Fotostudios entstanden, zur „Repräsentation“ gedacht. Am Ende gibt es ein eigenes Kapitel über Berg als Modell für Maler – der malende Kollege Schönberg konterfeite ihn ebenso wie  Lilly Steiner (die ihm ganz weiche, fast weibliche Züge verlieh), es gab ihn als Büste (u.a. von Anna Mahler modelliert). und auf vielen Zeichnungen.

Im Gegensatz zu den „offiziellen“ Mienen, die Alban Berg auf diesen Werken „aufsetzt“, amüsiert eine Serie von Amateuraufnahmen, wo Berg auch – lacht, schmunzelt und offenbar Unsinn macht. Erst diese Fotos machen den Eindruck, den man in diesem Buch von Alban Berg empfängt, komplett.

Renate Wagner

 

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