Online Merker Logo

Die internationale Kulturplattform

Claudia Rossbacher: DREHSCHLUSS

03.08.2021 | buch, CD/DVD/BUCH/Apps

buchcover rossbacher drehscshluss

Claudia Rossbacher:
DREHSCHLUSS
Thriller
294 Seiten, Gmeiner Verlag, 2021 

Vor rund eineinhalb Jahrzehnten hat Claudia Rossbacher, mittlerweile seit zehn Jahren im Gmeiner Verlag für die „Regionalia“-Krimis aus der Steiermark zuständig, den Roman „Drehschluß“ veröffentlicht. Vielleicht, um die Wartezeit auf den nächsten (dann schon zwölften!) Steirer-Krimi zu überbrücken, hat ihr nunmehriger Verlag den alten Krimi „Drehschluß“, der in Berlin und auf Mallorca spielt, wieder hervor geholt.

Kein Buch, das sich fest auf realem Boden bewegt, sondern eher ein Klischee an das andere reiht, aber der Roman spielt schließlich in der Welt der „Bunten Blätter“, des Skandaljournalismus, einer Society von Filmschauspielern (selbstverständlich alle mit Geheimnissen) – kurz, er bedient das, was er schildert, mit einer Geschichte, die man als „juicy“ bezeichnen kann, pralle Figuren, Haß und Liebe, Sex, Skrupellosigkeit und Manipulation, und natürlich Mord und am Ende wilde Perversitäten…

Im Zentrum steht Clara Bodenstein, anfangs als skrupellos geschildert, später durch die Liebe weich werdend und ihr Gewissen entdeckend. Sie ist Chefredakteurin der Society-Illustrierten „UP“ („Unsere Promis“ – das muss einem einfallen, aber parodistisch ist die Geschichte nicht) und immer auf der Jagd nach einer sensationellen Story, auch wenn sie dafür den Ruf eines Promis killen muss.

Als der deutsche Filmstar Jackie Benz sich einbildet, dass ausgerechnet Clara ihre Memoiren schreiben muss, weil sie hier die skandalösen Enthüllungen im Dutzend anbieten will, begegnet Clara erstmals einer Frau, die so hart und cool ist wie sie selbst (später wird eine Redaktionskollegin mit ihrem Chef ins Bett gehen und sich als aus gleichem Holz geschnitzt erweisen…).

Das Buch läuft auf zwei Ebenen, wobei die – durchaus kitschige – Hauptschiene sich mit Clara und ihrem Berufs- bzw. Liebesleben befasst und versucht, sie den Leserinnen sympathisch zu machen (man muss sich ja nicht bei jeder Chefredakteurin eines Boulevard-Magazins das ultimative Biest Meryl Streep in „Der Teufel trägt Prada“ vorstellen…)

Daneben geht es um verschwundene Frauen, die auf einen Serientäter weisen – zuerst eine Verlags-Konzern-Chefin, dann Jackie Benz, die von den Dreharbeiten in Mallorca spurlos verschwindet, und natürlich muss Clara das nächste Opfer sein.

Dabei wütet die Autorin gegen Ende, als schriebe sie das Drehbuch zu einem Horror-Hollywood-Film, voll von Grauslichkeiten, Unappetitlichkeiten und Perversionen. Das alles stammt aus der Welt, in der sich das Buch bewegt, als Fortsetzungsroman in einem „bunten“ Blatt könnte man es sich gut vorstellen… Wie dem auch sei – es liest sich die längste Zeit locker, wenn es einen gegen Ende nicht regelrecht gruselt.

Am interessantesten ist vielleicht das Vorwort zu dem Buch. Claudia Rossbacher hat schon einmal eines ihrer Frühwerke bei Gmeiner neu herausgebracht, aber dort war das Problem des „Zeitsprungs“ nicht so gravierend. Dieses Buch spielt 2007, und die Autorin weist darauf hin, wie unendlich sich die Welt seither verändert hat. Mehr als Laptop und Handy haben damals die Welt nicht beherrscht – hätte sie das Buch aktualisieren wollen, hätte sie es neu schreiben müssen.

Denn gerade der Journalismus steht im Zentrum der Entwicklung der Sozialen Medien, die das Verhalten und das Bewusstsein der Menschen so gravierend verändert haben, dass man in einer anderen Welt lebt als noch vor 15 Jahren. Selfies und jedes private Video erscheinen sofort auf YouTube, und die „Hashtag“-Bewegungen sind mittlerweile imstande , buchstäblich die Welt aus den Angeln zu heben (#metoo hat nicht nur Karrieren zerstört und widerliche Hexenjagden ausgelöst, sondern auch Menschen ins Gefängnis gebracht). Wer braucht da noch die „bunten Blätter“, um Skandale zu evozieren?

Solcherart wirkt das Buch geradezu historisch gemütlich, als wäre man bei Baby Schimmerlos oder bei Adabei, als er noch Roman Schliesser hieß. Fast ein Nostalgie-Trip.

Renate Wagner

 

Diese Seite drucken