Online Merker Logo

Die internationale Kulturplattform

Christoph Matzl: KARL VON HABSBURG

22.12.2021 | buch, CD/DVD/BUCH/Apps

buch habsburg~1

Christoph Matzl
KARL VON HABSBURG
Kaiserenkel zwischen den Zeiten
176 Seiten, Carl Ueberreuter Verlag. 2020

Wenn ein Journalist auf einer Pressereise eine Berühmtheit kennenlernt, und wenn besagte Berühmtheit ihn nach näherer Bekanntschaft auffordert, ein Buch über ihn zu schreiben, kann das natürlich keine kritische Biographie im üblichen Sinn werden.

Karl von Habsburg (lasse man ihm sein „von“, es tut niemandem weh) hat sich quasi ein Huldigungsbuch zu seinem 60. Geburtstag bei dem Kronen Zeitung-Chefreporter Christoph Matzl bestellt, und hat genau das bekommen. Sogar der Stil passt, füllig, süffig, humoristisch, wie es Leser von Boulevard-Zeitungen mögen. Was das Faktische betrifft, wird nicht allzu tief nachgeforscht.

Inhaltlich ist das Buch als langes Interview gehalten, das biographisch wichtige Stationen des Lebens und ein paar grundlegende Fragen zu den Habsburgern beantwortet oder auch nicht (wie das eigentlich mit ihrem Vermögen ist, wird nicht wirklich klar und auch sonst wird manchem ausgewichen).

Für Monarchisten sind ein paar Kurzporträts „uralter“ berühmter Mitglieder der Familie eingefügt (von Maximilian I. bis Maria Theresia), und „historisch“ positioniert sich Karl von Habsburg auch zu vielen Fragen (was für einen Kaiserenkel, der zwischen Tradition und Moderne schwankt, keinesfalls eine schlechte Position ist).

Vor allem aber hat man einen Bildband vor sich, der ein wenig auch die Großeltern, Eltern und die riesige Familie umfasst, sich aber dann vor allem auf Karl konzentriert, der vermutlich einmal auch so viel Beachtung finden will wie seine spektakuläre (Ex-)Gattin. Das aussagestärkste, gewissermaßen „historisch“ interessanteste Schwarzweißfoto findet sich auf Seite 55 – da sitzt der kleine Karl auf dem Arm seines Vaters Otto, und dieser steht vor einem Gemälde seines Vaters, von Kaiser Karl. Drei Generationen Habsburger… Man sieht ihn dann erwachsen immer in berühmter Gesellschaft (jede Menge Päpste, Benedikt war schon als Ratzinger ein Freund der Familie, Johannes Paul II. hat den Großvater selig gesprochen), denn fest im Glauben waren die Habsburger immer. Und dem Orden des Goldenen Vlieses steht der jeweilige Familienchef auf jeden Fall vor.

Karl, geboren am 11. Jänner 1961 im bayerischen „Exil“, stand bis zu dessen Tod im Schatten seines Vaters Otto (1912–2011), dem letzten Kronprinzen der Habsburger Monarchie und von Monarchisten gerne als „Majestät“ angesprochen. Das ist Karl, nach dem Großvater Kaiser Karl  (1887-1922) benannt, nicht passiert. Diesen hat er natürlich nicht gekannt, wohl aber die Großmutter, die legendäre Kaiserin Zita (1892-1989)., von der er ruhig hätte mehr erzählen können.

Wie bei den Habsburgern üblich, hatte man viele Kinder – Karl und Zita acht, Otto und seine Gattin Regina (1925–2010) hatten sieben – es gab fünf Mädchen, bevor Karl zur Welt kam (dann folgte noch Sohn Georg, der seine Karriere vor allem in Ungarn machte). Karl erzählt, wie flink man als kleiner Bub sein musste, um sich gegen fünf ältere Schwestern durchzusetzen…

Vater Otto war als Autor, als politischer Publizist und längere Zeit auch als Mitglied des Europäischen Parlaments geschätzt. Karls Karriere verlief vergleichsweise uneben, bei der ÖVP war kein wirklicher Platz für ihn, einige Skandale, in die er hinein geriet, werden im Buch eher nebenbei behandelt.

Als Mitglied des österreichischen Bundesheeres war er im Balkan-Krieg eingesetzt, wo er Francesca Thyssen-Bornemisza, zwei Jahre älter als er und aus sehr reicher Familie, kennen lernte („Eine Liebesheirat!“ versichert er). Von ihrer beachtlichen Karriere in der Welt der Kunst ist kaum die Rede, da die Ehe mittlerweile geschieden ist, soll sie wohl keine so große Rolle spielen, Originell jedenfalls der Heiratsantrag, den Karl ihr in der Kapuzinergruft machte: „Möchtest Du einmal hier begraben sein?“ Das hat sich ja wohl mittlerweile erledigt, aber seine Eltern liegen nun neben Kaiserin Zita in der Habsburger-Ruhestätte, und irgendwann darf wohl auch Karl hinein (obwohl – als Geschiedener? Erlauben das die Kapuziner?).

Karls „Karriere“ konzentrierte sich in den letzten Jahren darauf, dass er im Rahmen der Organisation „Blue Shield International“ vor allem durch die Dritte Welt reist, um dort Kunstschätze davor zu bewahren, Opfer der dauernden Kriege zu werden.

Bei diesen Reisen begleiten ihn dann oft die Kinder, vor allem die Töchter Eleonore oder Gloria, und der letzte Teil des Buches wird noch stärker zum Familienalbum rund um Karl. Ganz m Stil des Ganzen dürfen die Töchter am Ende erzählen, wie wunderbar ihre Jugend war und wie schön alles ist.

Sohn Ferdinand Zvonimir hat sich aus dieser finalen Familienhuldigung heraus gehalten. Er möchte wohl einmal Formel 1-Rennen fahren. Das erinnert daran, dass in der Wagenburg von Schönbrunn das letzte noch existierende Hof-Automobil seines Urgroßvaters Kaiser Karl zu bestaunen ist. Aber das hat mit dem Geburtstagsbuch des auf Tradition setzenden derzeitigen Habsburger-Chefs nichts zu tun…

Renate Wagner

 

Diese Seite drucken