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Christine Fornoff-Petrowski: KÜNSTLER-EHE

14.03.2022 | buch, CD/DVD/BUCH/Apps

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Christine Fornoff-Petrowski:
KÜNSTLER-EHE
Ein Phänomen der bürgerlichen Musikkultur
468 Seiten, |Böhlau Verlag, 2021

Was sie sich eigentlich einbilde, wies Gustav Mahler seine Braut Alma Schindler zurecht, die „auch“ komponieren wollte. Ein „componierendes Ehepaar“ bedeutete nicht nur ein „eigentümliches Rivalitätsverhältnis“, sondern hielte sie auch von dem ab, was ihre Hauptaufgabe sein sollte, nämlich ihm „die Kleinigkeiten des Lebens ab(zu)nehmen“….

Es ist dies einer der berühmtesten Briefe zu dem Thema „Künstlerehe“ und spricht gleich viele Punkte an, die dann in dem Buch von Christine Fornoff-Petrowski ausführlich behandelt werden.

Vorausgeschickt: Es handelt sich um die Dissertation der Autorin,  die sie 2020 an der Carl von Ossietzky Universität Oldenburg eingereicht hat und ist folglich keine leichte Lektüre über ein Thema, das sich in der Populärliteratur durchaus der Beliebtheit erfreut. Darum befasst sie sich auch nicht mit den prominentesten Vertretern der „Künstlerehe“, die sie auf die Musik beschränkt, denn zu Alma und Gustav Mahler, zu Clara und Robert Schumann ist wohl schon genug gesagt worden.

Allerdings sind die gut 350 Paare, die die Autorin als Beispiele zusammengetragen hat, zum allergrößten Teil der Nachwelt gänzlich unbekannt, manchmal kennt man den Namen des einen Ehepartners und weiß gar nicht, dass die / der andere auch musikalisch tätig war. Die Autorin holt also hervor, was aus dem „kulturellen Gedächtnis“ gefallen ist – allerdings nicht wirklich mit Gewinn, sollte es darum gegangen sein, an wichtige Künstler zu erinnern, die vergessen wurden. Die spürt das Buch leider nicht auf.

Dafür lässt sich Grundlegendes sagen, vor allem für das 19. Jahrhundert, das die Autorin vordringlich im Fokus hat. Allerdings ist die Rollenverteilung von damals sattsam bekannt und tausendfach behandelt worden  – der Mann außer Haus, im Beruf, Geld für die Familie herbei schaffend, die Frau im Haus, mit Küche, Kindern und dem Vergnügen des Mannes befasst. Alles davon Abweichende wurde mit Misstrauen geäugt. Gar Künstlerinnen welcher Art waren „verdächtig“, bevor sich im Laufe des 19. Jahrhunderts das Bewusstsein wandelte, Frauen auch Berufe haben konnten und ein regelrechter Künstler-Kult einsetzte.

Musiker-Ehen fasst die Autorin sehr weit. Komponist / Sängerin ist eine der häufigsten Kombinationen (Hasse / Faustina Bordoni, Strauss / Pauline de  Ahna, um die prominentesten zu nennen). Es folgen Dirigent / Interpret(in) (da wäre im 20. Jahrhundert Barenboim / du Pre ein Beispiel), Komponisten und Partnerinnen, auch Musikschriftsteller sind aufgenommen. So kommt es zu der hohen Zahl von – meist Unbekannten. Die allerdings für ihre jeweiligen Schicksale dann wieder (wissenschaftlich) beispielhaft sind.

Als Quellen nennt die Autorin nicht nur das, was sie als „Ego-Literatur“ bezeichnet (Tagebücher, Briefe, Autobiographisches), sondern auch in hohem Anzahl Periodika in Form von Zeitschriften und Journalen aller Art, wo das das Thema der Künstlerehe immer wieder (wenn auch eher für ein breites Publikum) behandelt wurde. Und natürlich wurden Künstler-Geschichten gerne in der  Belletristik behandelt. Zusätzlich erzählen auch Bilder, so man sie richtig interpretiert, Hintergründiges.

Das gibt eine facettenreiche Vorgabe für sowohl die Schilderung von Einzelschicksalen (wobei jedes Paar natürlich von ganz eigenen  Voraussetzungen bezüglich der Spannungen Arbeitswelt / Privatbereich ausgeht) wie auch Betrachtungen zur Gender-, Sozial- und Musikgeschichte. Das Buch fordert vom Leser den langen Atem, wissenschaftlichen Gedankengängen zu folgen, aber das Fachpublikum, an das es sich wendet, wird es zweifellos mit Gewinn lesen.

Renate Wagner

 

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