Christine Dobretsberger
WAS ICH LIEBE, GIBT MIR KRAFT
Bühnenstars aus Oper und Theater erzählen
176 Seiten, Styria Premium, 2015
Alter ist nicht wirklich cool heutzutage, das weiß jeder. Aber mit jedem Menschen stirbt eine ganze Welt, ein Pool von Erfahrung und Wissen, oft auch Weisheit. Wen sollte man also befragen, wenn nicht die Alten, die etwas erlebt und etwas zu sagen haben? In diesem Sinn liegt das Buch von Christine Dobretsberger, das eigentlich gegen den Zeitgeist schwimmt, goldrichtig. Und eine der Damen (Bibiana Zeller) sagt es auch: „Älterwerden ist etwas Wunderbares.“ Na, hoffentlich.
Die Autorin, die auf ihre Erfahrung als Journalistin zurückgreift, interviewt Künstlerinnen. Keine ist unter 70, sie alle sind „Österreicherinnen“, denn die drei Sängerinnen, die es nicht sind, haben in Wien Triumphe gefeiert und sich die Stadt zu ihrem Alterssitz erwählt. Sie wären nicht die einzigen Großen, die wir kühl „ein-österreichern“ (so wie Beethoven, dafür verzichten wir dann gern auf Hitler, den wir den Deutschen schicken möchten).
Gespräche also mit Frauen, die fraglos große Karrieren gemacht haben. Die drei Opernsängerinnen, wobei Hilde Zadek, die sich (2017) auf ihren „Hunderter“ zubewegt, die älteste ist. Christa Ludwig, deren Weltruhm so verbürgt ist wie die übergroße Popularität von Renate Holm, die das „Crossover“ auf die ungewöhnliche Art gemacht hat – ein Schlagerstar, der es schaffte, als Zerbinetta von den kritischen Opernfans akzeptiert zu werden…
Auch die Karrieren der Schauspielerinnen schillern in allen möglichen Farben – ob Senta Berger, die Hollywood und die Fernsehschirme eroberte, ob Erika Pluhar, die sich nach dem Burgtheater die Zweit- und Dritt-Karriere als Sängerin und Autorin eroberte. Ob Elfriede Ott, der „lustige“ Publikumsliebling mit dem tragischen Trauerrand, ob Elisabeth Orth, für die alles zur politischen Überlegung wird. Ob Christine Ostermayer, jene Österreicherin, von der ihre Heimat am wenigsten gesehen hat, weil ihre großen Erfolge auf deutschen Bühnen stattfanden, ob Erni Mangold, die eine so gloriose Alterskarriere erlebt hat wie wenige, ob Bibiana Zeller, die aus dem Burgtheater zum Ruhm als „Frau Kottan“ aufstieg.
Alle befragt die Autorin nicht nur zu ihrem Lebensweg, sondern auch zu ihrer Lebens- und Berufsauffassung. Wunderschön auch die aktuellen Fotos der Beteiligten: Was für gute Gesichter, wie wunderbar sie sich alle gehalten haben.
Renate Wagner