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Christian Reichhold: DIE ÖSCARS

19.10.2015 | buch, CD/DVD/BUCH/Apps

BuchCover Reichhold Oscars jpg

Christian Reichhold:
DIE ÖSCARS
Österreich beim wichtigsten Filmpreis der Welt
272 Seiten,
Amalthea Verlag, 2015

Die Nachwelt ist ungerecht – aber wie anders kann sich das Gedächtnis der Welt gegen die Überfülle von Information wehren als durch Selektion? „Oscar“ und Österreich, das sind Glanzpunkte. Haneke! Waltz, der dafür im heimischen Bewusstsein rasch als Österreicher erkannt wird! Und Billy Wilder, ebenfalls innerlich zurück in die alte Heimat, wenn er so glanzvoll preisgekrönt wird. Und die anderen?

Nicht zuletzt dafür schreibt man Bücher, denn das ausführlichste Internet kann sich nicht so genau, detailreich und penibel erinnern wie ein Autor, der es wissen will. Christian Reichhold war für die ORF-„Seitenblicke“ immer wieder beim „Oscar“ dabei. Er kennt Milieu und Atmosphäre. Und er weiß die Fakten. Nicht zuletzt in Bezug auf Österreich. Filmfreunde werden wissen wollen, was er zum Titel „Die Öscars“ (Ö wie Österreich) über „Österreich beim wichtigsten Filmpreis der Welt“ zu sagen hat.

Erzählt wird „Oscar“-Geschichte von den Anfängen, wobei allein ein Kapitel über Filmmusik eine Unmenge von Namen hervorholt, die in Hollywood erfolgreich waren – und wenn schon nicht den „Oscar“ selbst bekommen haben (so wie Max Steiner oder Erich Wolfgang Korngold), so zählen Nominierungen doch auch?

Das ist übrigens die einzige Liste, die man in dem Buch vermisst – dass nicht nur die Preisträger aufgeführt wären, sondern auch die österreichischen Nominierten. Schließlich ist die Liste der Nicht-Sieger (von Josef von Sternberg bis zu Oskar Werner) fast spektakulär wie jene der Sieger.

Vieles wusste man, aber wohl doch nicht so genau: Etwa dass Elisabeth Bergner die erste österreichische „Oscar“-Nominierte unter den Damen war. Bekommen hat die Statuette – das ist geradezu legendär – dann zweimal hintereinander (1937 und 1938) Luise Rainer, die angeblich in Düsseldorf geboren wurde, sich aber immer Österreicherin und geborene Wienerin nannte. Wer wusste, dass sie in Hollywood als erste Rolle im amerikanischen Remake von „Maskerade“ die ursprünglich von Paula Wessely verkörperte Figur übernommen hat? Dass aber gerade zwei „Oscars“ hintereinander der Grund dafür waren, dass ihre Karriere eigentlich nicht weiterging? Das und mehr erfährt man hier.

Man braucht sie gar nicht alle aufzählen: Nicht nur die „Sieger“ wie Billy Wilder und Fred Zinnemann sind Österreichs unverzichtbare Beiträge zum Glanz von Hollywood. Die Tatsache, dass man natürlich alle in der ehemaligen Monarchie Geborenen als Österreicher vereinnahmen kann, bringt dann so schillernde Figuren wie Sam Spiegel hervor – der „Oscar“-gekrönte Produzent von „Die Faust im Nacken“, „Die Brücke am Kwai“ und „Lawrence von Arabien“ hat seine Karriere mit herrlicher jüdischer „Chuzpe“ gemacht, wie man amüsiert nachliest.

Wer zählt die Namen, weil ja nicht nur die Sieger erwähnt werden – es war natürlich der Nationalsozialismus, der diese schiere Unmenge von Talenten über den „Großen Teich“ schwappen ließ, wo sie in der „Traumfabrik“ ihre Möglichkeiten fanden, allein eine Phalanx ehemaliger Max-Reinhardt-Schauspieler…

Rosig aber, daran lässt das Buch kein Zweifel, war es wahrlich nicht immer (oder so gut wie nie). Wie sagte doch der jüngst verstorbene Filmkenner Hellmuth Karasek? Nirgends geht es weniger traumhaft zu als bei der Herstellung von Träumen… Ein Satz, der bis heute seine Richtigkeit hat. Und wer gerne über Kino und tolle Menschen liest, hat hier ein ebenso amüsantes wie informatives Buch gefunden.

Renate Wagner

 

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