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CHORUS. WIENER STAATSOPER

03.03.2017 | buch, CD/DVD/BUCH/Apps

BuchCover  Chorus

Dominique Meyer, Thomas Lang, Andreas Láng, Oliver Láng, Mario Steller, Lois Lammerhuber:
CHORUS. WIENER STAATSOPER
252 Seiten, Großformat,
Edition Lammerhuber, Baden/Wien 2017

Man kennt sie schon, die großformatigen Bände, mit denen Dominique Meyer eine „Art Enzyklopädie über Musiktheater am Fallbeispiel der Wiener Staatsoper“ vorlegt, was später auch eine Dokumentation über seine Jahre als Direktor dieses Hauses sein wird. „On Stage“ wurde „backstage“ über die Entstehung einer Aufführung berichtet, mit allem, was dazu alles nötig ist. „Glamour“ widmete sich den Kostümwerkstätten des Hauses. „Harmony“ galt einer Präsentation des hauseigenen Ensembles der Spielzeit 2014/15, „Genesis“ berichtete am Beispiel der „Don Paquale“-Neuproduktion über alle Arbeits schritte vom ersten Konzept bis zum Heben des Premierenvorhangs. „(E)Motion“ war dem Wiener Staatsballett gewidmet, und „Passion“ galt den Wiener Philharmonikern in ihrer Eigenschaft als Staatsopernorchester.

Und nun liegt „Chorus“ vor.

Künstler kommen und gehen. Aber es gibt einige „fixe“ Bestandteile, ohne die ein Opernhaus nicht existieren kann: ein Orchester, ein Chor sowie eine technische und eine administrative Mannschaft. Einzelne Mitglieder mögen Abend für Abend „fluktuieren“, aber als Ganzes ist so etwas wie ein „Chor“ eine Institution. Jener der Wiener Staatsoper ist berühmt. Da zitiert man doch sehr gerne Christian Thielemann: „Das ist ein wunderbarer Chor, ein grandios guter Chor. Mit einer stilistischen Vielseitigkeit – einmalig!” Und tatsächlich – anders als andere berühmte Chöre, etwa jener von Bayreuth, sind die Wiener Sänger so gar nicht spezialisiert. Sie müssen „alles“ können. Und vieles außerdem: 2016 mussten die 92 Herrschaften aus aller Welt, in mehr als 300 Aufführungen 57 verschiedene Werke bestreiten…

Sie sind also wichtig genug, ihnen ein großformatiges Werk zu widmen, das beim Opernball als Herrenspende vergeben wurde. Opernfreunde aber werden zweifellos geneigt sein, das Buch auch zu kaufen – ein prächtiger Foto-Spaziergang von Lois Lammerhuber, der mehr als sechs Monate lang die Arbeit des Chores fotografisch begleitet hat. Schon das ist einmal ein Schauvergnügen hinter die Kulissen – da erscheinen sie natürlich immer wieder als Kollektiv auf der Bühne, teils in atemberaubenden Stellungen, darunter auch Probenfotos der „Turandot“-Neuinszenierung. Ein Foto der Herrschaften, für den „alpenländischen“ Lohengrin gekleidet, ist angesichts der asiatischen Kollegen besonders lustig. Die Sänger splittern sich aber auch in Einzelpersönlichkeiten auf, die Gesicht und (in den Bildlegenden) einen Namen bekommen – und die schließlich alle einmal ein mehr als anspruchsvolles Vorsingen für sich entscheiden konnten, an dem viele andere scheitern…

Natürlich darf so ein Buch textlich nicht untergehen, es ist ja vieles zu wissen, vieles zu berichten, was normalerweise nur Insider-Kenntnis darstellt. Dominique Meyer leitet ein, Thomas Lang, der den Wiener Chor seit 10 Jahren leitet, berichtet von ganz konkreter Arbeit (und dass er bei geschlossenen Augen jeden einzelnen seiner Chormitglieder erkennen kann!), Wolfram Igor Derntl, Chorsänger mit immer mehr solistischen Verpflichtungen, berichtet von einer Karriere im Kollektiv (und bekommt noch eine private Foto-Show), Thomas Lang erzählt, was ein Regisseur (in diesem Fall Marco Arturo Marelli – dem in einem Foto die Falzung der Doppelseite genau durchs Gesicht fährt) vom Chor fordert (wobei das Werk, nach zehnjähriger Pause wieder am Haus, für die meisten Chormitglieder völlig neu war), Mario Steller berichtet über die Chorakademie, wo man sich den Nachwuchs ausbildet, und Oliver Lang grübelt nach, in welcher Oper der Chor als „Hauptdarsteller“ betrachtet werden könnte…

Und zwischendurch singen sich die Damen und Herren auf den Fotos die Seele aus dem Leib, so, wie man es gerne hat…

Renate Wagner

 

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