Online Merker Logo

Die internationale Kulturplattform

CHEMNITZ: TURANDOT

Ein stimmgewaltiger Chor, der alle Register zog!

10.05.2019 | Allgemein, Oper


Edward Randall, Jeffrey Hartmann. Foto: Dieter Wuschanski

„Turandot“  am Chemnitzer Opernhaus am 10.05.2019

Ein stimmgewaltiger Chor, der alle Register zog!

 

Hinrich HORSTKOTTE’s Inszenierung versetzte uns in ein düsteres, brutales, und einem von Gewalt herrschenden China des 20.Jahrhunderts. Mit einigen guten, aber auch eher makaberen Regieeinfällen, wo in einem Bild, einer sogenannten Experimentierküche, veranlasst durch Kanzler, Marschall und Küchenmeister, hier Körperteile, der bereits hin gemeuchelten Turandot – Verehrer in den Kochtöpfen landen. Demzufolge ist außerdem Puccinis Meisterwerk unter der musikalischen Leitung von Attilio TOMASELLO alles andere als zufriedenstellend. Er möge ein guter musikalischer Handwerker sein, was vielleicht Wagner Opern betrifft, aber für Puccini fehlt ihm leider alle musikalische Feinfühligkeit, insbesondere was die Tempi und die lyrische Form  einiger Arien betreffen. Emotional zeigte er sich doch eher in den musikalisch dramatischen Höhepunkten, im Furioso, con fuoco, wo ein wahres musikalisches Feuerwerk aus dem Orchestergraben dröhnend die Szenen beherrschte. Doch mehr mit seiner Partitur und dem Orchester beschäftigt, so fehlte hier doch das Mitatmen mit den einzelnen Solisten auf der Bühne, hier ebenso auch die Einsätze und das Gleichnis mit dem Orchester nicht immer im Einklang standen.


Henker und Opernchor. Foto: Dieter Wuschanski

Einen gut einstudierten und stimmgewaltigen Chor schien das keinen Abbruch zu machen, die ohnehin eines Staatsopernniveaus entsprechen, dank eines großartigen Chorleiters wie Stefan BILZ. Doch solistisch gesehen war dieser Abend doch eher enttäuschend. Jeffrey HARTMANN (Calaf) fehlt es zwar nicht an starken, stahlkräftigen Tönen, aber leider in der tenoralen Höhe. Er schien entweder indisponiert gewesen zu sein, oder die hohen Töne scheinen ihm überhaupt Schwierigkeiten zu bereiten. Enttäuschend auch die Arie „Nessun dorma“, hier man doch immer noch die Interpretation von Carreras (Wiener Staatsoper)im Kopf hat, und hier offenbar auch die Unterstützung des Dirigenten fehlte, der diese so wundervolle Hauptarie, ohne Rücksicht auf den Sänger einfach herunterhudelte. Somit fehlten einfach die feinen musikalischen Nuancen, die natürlich in dieser Arie erforderlich, und möge man doch eher dem Sänger, aber nicht dem Dirigenten verzeihen.

In der Hauptpartie als Turandot erwies sich Irina RINDZUNER nicht gerade als Dramatische, wo ich sie mir als Santuzza schon gar nicht vorstellen könnte, hingegen sie aber mit einer sehr dynamischen, strahlenden Höhe brillierte, wo technisch jeder einzelne Ton saß. Erfreulich dagegen war Leah GORDON (Liú) mit einem sehr wohlklingenden und lyrischen Timbre, wo sie mit ergreifender Demut spielte, und insbesondere mit ihrem so zarten Piano überzeugte.

Ebenso war die restliche Sängerbesetzung durchaus passabel. Hier Ping (Andreas KINDSCHUH), Pang (Tommaso RANDAZZO), Pong (Sunnyboy DLADLA), die Witz aber auch Stimme bewiesen, trotz der von Leichenteilen übersäten Küche, wo außerdem krabbelnde und nackte Frauen über den Tresen weiters dazu beitrugen, dass diese Szene absolut peinlich ist; und wo man sich den Unsinn von Seiten der Regie wirklich hätte ersparen können. Edward RANDALL (Altoum, Kaiser von China) und Magnus PIONTEK (Timur, entthronter König der Tataren) zeigten ebenso stimmliches als auch darstellerisches Format. Hier auch der Rest des Ensembles, in dem doch sehr finsteren und grausamen Gesamtgeschehen über die Bühnenrampe hinaus das Publikum erreichte. Und obwohl auch einiger glanzvollen Kostüme (Hinrich HORSTKOTTE) für die Titelpartie, die hier in silbriger Kühle gekleidet und dadurch sehr frostig erschien, so hätte man doch Puccinis „Märchenoper“ ein wenig phantasiereicher inszenieren können, um eben auch das Bühnenbild weniger statisch, doch umso lebendiger hätte gestalten können. So war eben alles nur statisch und dadurch zeitweise auch sehr ermüdend. Aber vielleicht war es auch bewusst um die Konzentration auf Solisten und Chor zu lenken, und gerade hier der Chor für genug Lebendigkeit auf der Bühne sorgten.

Auf jeden Fall auch genug Anlass dazu gaben, dass am Ende das Publikum begeistert applaudierte, wo man beobachten konnte, dass insbesondere das junge Publikum mit der Inszenierung und musikalischen Leistung sehr zufrieden war. Aber das sind eben die Dinge der Zeit, dass sich die heutigen Opernproduktionen gegen früher, stilistisch, aber auch in ihrer gesamten dramaturgischen und musikalischen Form verändert haben. Was ebenso gut aber auch schlecht sein kann.

 

Manuela Miebach 

 

Diese Seite drucken