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CD „WINTERSTÜRME“ – Christian Thielemann dirigiert Ausschnitte aus Richard Wagners „DIE WALKÜRE“ und „GÖTTERDÄMMERUNG“. Edition Staatskapelle Dresden Profil Hänssler

08.06.2022 | Allgemein, cd

CD „WINTERSTÜRME“ – Christian Thielemann dirigiert Ausschnitte aus Richard Wagners „DIE WALKÜRE“ und „GÖTTERDÄMMERUNG“ – Mitschnitt eines Konzerts der Osterfestspiele Salzburg vom 28. Oktober 2021 aus dem Großen Festspielhaus Salzburg; Edition Staatskapelle Dresden Profil Hänssler

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Letztes Jahr fanden im Gegensatz zum ersten Pandemiejahr 2020 zwar die Osterfestspiele Salzburg statt, aber eben nicht zu Ostern, sondern als „Osterfestspiele im Herbst 2021“. Eine szenische Produktion gab es an diesem Wochenende vor Allerheiligen nicht zu sehen, dafür dirigierte Christian Thielemann Mozarts „Requiem“ und Musik von Richard Wagner. Letzteres Konzert war, wie dies nun anhand des auch aufnahmetechnisch vorzüglichen Mitschnitts nachzuprüfen ist, ein Ereignis, vielleicht sogar – was das in gleißenden Farbtönen aufspielende Orchester der Staatskapelle Dresden anlangt – eine Sternstunde.

Singulär ist, was die Sächsische Staatskapelle Dresden an diesem Tag in Bezug auf Orchesterkultur, bronzenem Bläserklang, irisierend leuchtenden Streichern, kurzum in Sachen deutschem Klang leistet. Thielemann, was die Bühnenwerke Richard Wagners anlangt, ein unumstrittener Könner, hat seine Interpretationen der vier Opern aus „Der Ring des Nibelungen“ stets weiterentwickelt. Thielemann hat zusammengezählt, wie viele Stunden er alleine für den „Ring“ im Bayreuther Orchestergraben zugebracht hat. 300 sollen es von 2006 bis 2010 gewesen sein, nur die Generalproben und Vorstellungen gerechnet. Die Ernte, die er nun einfährt und das Publikum damit beglückt, ist reich. Obwohl oder besser gesagt gerade weil Thielemann an diesem 28.10.2021 tempomäßig zu den „Langsameren“ der Kollegenschaft zählt, offenbart er dem Publikum eine dynamisch und agogisch sehr persönliche, in jedem Fall faszinierende Musikalität und einen leitmotivisch stringent durchdachten erzählerischen Strom. Nicht wenige Stellen vor allem bei den instrumentalen Ausschnitten aus der „Götterdämmerung“ bescherten unerwartete Hör- bis Aha-Erlebnisse, frei nach dem Motto “ So kann das also auch klingen.

Auf dem Programm der „Winterstürme“ stand der erste Akt aus „Die Walküre“ sowie „Morgendämmerung“, „Siegfrieds Rheinfahrt“, „Siegfrieds Trauermarsch“ und der „Schlussgesang der Brünnhilde“.

Bei den Solisten war das Opernglück weniger vollkommen. Nur René Pape als Hunding konnte voll überzeugen. Stephan Gould fehlte zum Siegmund im aktuell schon sehr reifen Stadium seiner glänzenden Heldentenorlaufbahn die jugendliche Geschmeidigkeit im Vortrag. Die Piani blieben vielfach auf der Strecke und das Legato bekam durch gestemmte Höhen Risse. Insgesamt bot Gould zwar eine immer noch beachtliche Leistung, aber ob sie festspielwürdig war, bleibe dahingestellt. Glücklich werde ich auch mit der Sieglinde der Anja Kampe nicht. Statt einer ruhigen Stimmführung – ein Muss für stilistisch einwandfreien Wagnergesang – waren ein auffällig starkes Vibrato und angeschliffene Höhen zu konstatieren. Noch mehr trübte dies die Interpretation der Götterdämmerungs-Brünnhilde, wo etwa das „Ruhe, ruhe, Du Gott!“ so gar nicht die Emotionen auslöste, mit der eine Varnay, eine Mödl, eine Nilsson beeindrucken konnten.

Dem Publikum hat es jedenfalls gefallen, wie der lange und heftige Applaus bezeugt. Soll so sein: Die Orchesterleistung war wirklich in jeder Hinsicht spektakulär. Als Bonus sind dem Album ein kurzer Tonausschnitt aus der Generalprobe, und zwar der Beginn der „Morgendämmerung“ in den Bläsern angeschlossen.

Dr. Ingobert Waltenberger

 

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