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CD: Wagenseil, Trio Sonatas

26.08.2022 | cd, CD/DVD/BUCH/Apps

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CD
Georg Christoph Wagenseil
Trio Sonatas
für Flöte, Violine und Basso Continuo
Sieglinde Größinger, Ensemble Klingekunst
Label: CPO, DDD

Wahre Musikfreunde werden eher an Entdeckungen interessiert sein als an der x-ten Wiederholung von Bekanntem (es sei denn, außergewöhnliche Interpreten rechtfertigen die Neuaufnahme). Die österreichische Flötistin Sieglinde Größinger ist nun in einer Bibliothek in Bergamo  auf ein Konvolut von 17 handschriftlichen Trio-Sonaten des österreichischen Barockkomponisten Georg Christoph Wagenseil (1715-1777) gestoßen. Zusammen mit Mitgliedern des Ensembles Klingekunst hat sie daraus nun die Triosonaten Nr.1, 4, 6, 7, 9, 10, 17 für Flöte,Violine und BC  (Basso continuo) ausgewählt und eingespielt.

Möglicherweise kennt man den Namen von Georg Christoph Wagenseil nur aus der Mozart-Literatur, als jenen musikalischen „Großmeister“ am Wiener Hof, dem der kleine Wolfgang Amadeus Mozart vorschlug, er solle ihm die Noten umblättern… Man weiß auch aus der Habsburgischen Musikgeschichte, dass Wagenseil so gut wie sein ganzes Leben im Dienst der kaiserlichen Familie von Maria Theresia stand und u.a. Marie Antoinette das Klavierspiel beibrachte.

Von seinen Werken muss es eine Unzahl gegeben haben, wobei er mit Bühnenwerken weniger erfolgreich war als mit Symphonischem und auch ein reiches kammermusikalisches Werk hinterließ. Allerdings gelangte Weniges zu seinen Lebzeiten in Druck, was zur Folge hatte, dass man seine Werke heute kaum je zu Gehör bekommt.

Die knapp einstündige CD enthält nun die Trio-Werke, die alle  dreisätzig sind und zwischen zwei bewegten Sätzen ein Andante (in einem Fall ein Largo) stellen. Man möge sich davor hüten, heißt es im Booklet zur CD, das als kompositorische Massenware anzusehen. Vielmehr handelt es sich um hochkünstlerische, teils auch hörbar hoch komplizierte Variationen zum Thema der Gefühle, von der spritzigsten Heiterkeit bis zur tiefsten Melancholie.

So gut wie jedes Werk hebt mit einem Allegro oder Vivace an und lässt sofort hören, wie hoch der Anspruch des Komponisten an Flöte, Violine und Cello war. Es ist nicht nur eine Frage des prestissimo Tempos, sondern auch des virtuosen Ansatzes. Sprudelnd, locker, virtuos beschwört Barockmusik hier die heiteren Seiten des Stimmungsbarometers, um dann im nächsten Satz einen abrupten Stimmungswechsel zu vollziehen, das Tragische von elegisch bis dramatisch auszureizen, um am Ende dann zu einer Art emotionalen Synthese zu gelangen.

Die Traversflöte beherrscht die Melodik allein deshalb, weil sie das hellste der Instrumente ist und folglich den Ton angibt. Sieglinde Größinger lässt alles hören, was ihr Instrument (und die Spielerin) an Virtuosität zu bieten haben, aber auch den langen Atem der Flöte etwa in den elegischen Passagen. Die Kollegen Dimitris Karakantas /Barockvioline),  Pavel Serbin  (Barockcello) und  Maja Mijatović (Cembalo) ergänzen auf Augenhöhe. Das Ensemble scheint geschlossen mit seinen Instrumenten von Gefühlen zu „singen“.

Und vor allem die an Barockmusik Interessierten sind nach dieser CD um Kenntnisse und Erfahrungen reicher – eine lohnende Ausgrabung von einstiger „Unterhaltungsmusik“ mit Anspruch und Tiefgang.

Renate Wagner

 

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