„Schöne, strahlende Welt“ mit Peter Schreier bei Berlin Classics erschienen
KASTAGNETTENSCHWUNG UND LEINWANDBREITER SOUND
CD „Schöne, strahlende Welt“ mit Peter Schreier bei Berlin Classics erschienen/
Der vor allem als Oratoriensänger berühmt gewordene Tenor Peter Schreier präsentiert sich hier einmal völlig anders. Bei „In mir klingt ein Lied“ interpretiert er ein Chopinstück, das mit dem Text von Ernst Marischka ganz ungewöhnliche Nuancen erhält. In den 1930er Jahren war es eine Erkennungsmelodie aus dem Musiker-Melodram „Abschiedswalzer“. Bei „Granada“ zeigt Peter Schreier dann, welches Stimmpotenzial in ihm steckt. Das Große Rundfunkorchester Berlin unter der Leitung von Robert Hanell begleitet den Sänger hier nie aufdringlich, sondern einfühlsam. Neben „Grüß mir die süßen, die reizenden Frauen“ aus der Operette „Gräfin Mariza“ von Emmerich Kalman überzeugt aufgrund der strahlkräftigen Stimmführung auch die stimmungsvolle „Serenade“ (Fern im weiten Land), wo ein bemerkenswerter Klangfarbenreichtum besticht. Die Intensität der Melodien und der rhythmische Verve dieser Musik werden voll ausgekostet. Wenn der Bach-Evangelist „Vaghissima Sembianza“ intoniert, besitzt dies in mehrerer Hinsicht einen besonderen Zauber. Davon zeugt dieses bemerkenswerte Dokument aus dem Jahre 1977, das in der ehemaligen DDR aufgenommen wurde und den 2019 in Dresden verstorbenen Peter Schreier von einer wirklich ganz anderen Seite zeigt. Er selbst sagte hinsichtlich seines Karriereendes 2005, dass es im Alter schwieriger sei, einen Ruf zu verteidigen. „Und ich möchte nicht, dass die Leute irgendwann sagen: Das hätte er mal besser gelassen.“ Seine Laufbahn begann beim Dresdner Kreuzchor. Weitere Nummern wie „Inmitten des Balles beim Feste“, „Eine wie du war immer mein Traum“ und „Letzter Frühling“ beeindrucken mit zahlreichen dynamischen Finessen und einem erstaunlichen Ausdrucksvolumen. Eine wirkliche Überraschung sind auf dieser CD allerdings die so genannten „Bonustitel“ mit „Mattinata“, „Du bist die Welt für mich“, „Chianti-Lied“ (Tarantella), „O sole mio“ und „Heute Nacht oder nie“. Inbesondere der süditalienische Tanz im sehr schnellen Achtel-Takt bei der „Tarantella“ besitzt hier einen elektrisierenden Esprit. Bei „O sole mio“ kommt noch der stimmungsvolle Jürgen-Erbe-Chor hinzu. Und auch die Harfen-Apeggien bei „Heute Nacht oder nie“ gefallen mit einem ungewöhnlichen Charisma. Der Anblick der Sierra Nevada zeigt dabei jedenfalls viele Facetten. Kastagnettenschwung und leinwandbreiter Sound lassen hier nicht lange auf sich warten, werden aber nicht mit störender Sentimentalität musiziert. Interessant ist dabei immer wieder, dass Peter Schreier gerade in der Kombination von gesanglicher Schlichtheit und großer Strahlkraft die größte Wirkung erzielt.
Alexander Walther